Debatte über Schächten: Zentralrat der Juden kritisiert CDU scharf
Ein Vorstoß der niedersächsischen CDU zu einem vollständigen Verbot ritueller Schlachtungen von Tieren im Islam hat eine Debatte über das Schächten ausgelöst. So verteidigte der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, am Donnerstag die Praxis, die auch im Judentum von Bedeutung ist. Der Zentralrat der Juden und die liberale Allgemeine Rabbinerkonferenz protestierten gegen den CDU-Beschluss.
Klein sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): "Die bislang geltende Regelung nach dem Tierschutzgesetz, die das Schächten in Ausnahmefällen und unter strengen Voraussetzungen erlaubt, stellt einen vernünftigen Ausgleich zwischen Belangen des Tierschutzes und der Religionsfreiheit dar." Diese Regelung habe auch das Bundesverfassungsgericht bestätigt. "Das Schächten gehört zum jüdischen und muslimischen Ritus. Ein solches Verbot wäre ein Angriff auf die jüdische und islamische Religion und konterkarierte die Bemühungen um den Schutz jüdischen Lebens in Deutschland", so Klein. "Wer sich für das Tierwohl einsetzen möchte, findet in Aspekten wie artgerechte Haltung oder Transporte Ansatzpunkte, die einer Debatte sicher mehr bedürfen als religiöse Riten, die ohnehin bereits eine Ausnahmeregelung darstellen."
"Krasser Widerspruch" zu Bekenntis von AKK
Zentralrats-Präsident Josef Schuster erklärte: "Obwohl das Verbot im Hinblick auf das muslimische Opferfest gefordert wird, trifft es die jüdische Gemeinschaft im Besonderen, da im Judentum der Verzehr nicht geschächteter Tiere verboten ist." Aus seiner Sicht steht der Vorstoß "in krassem Widerspruch" zu einem Bekenntnis der Bundesvorsitzenden der CDU, Annegret Kramp-Karrenbauer, zu jüdischem Leben hierzulande. "Sicherlich ist Ihnen nicht entgangen, dass die niedersächsische AfD im Frühjahr vergangenen Jahres gefordert hat, keine Ausnahmegenehmigungen für das Schächten mehr zu erteilen", zitiert das Redaktionsnetzwerk Deutschland (Freitag) aus einem Brief Schusters an die CDU-Landtagsabgeordneten. Darin spricht er von einer "unsäglichen Allianz". Die Allgemeine Rabbinerkonferenz betonte in einem Brief an die CDU- Bundesvorsitzende, dass der Vorstoß auch die Juden betreffe. Es sei nur schwer zwischen der Sorge für den Tierschutz und "Stimmungsmache" zu unterscheiden.
Hintergrund ist eine Debatte der niedersächsischen CDU anlässlich des zu Ende gegangenen islamischen Opferfestes. Medienberichten zufolge fordert die Landtagsfraktion ein vollständiges Verbot des Schächtens, bei dem Tiere ohne Betäubung geschlachtet werden. Ein entsprechender Vorstoß sei von der Fraktion gebilligt worden. Als Grund wird das Tierwohl genannt. Zum Opferfest besaß laut den Berichten ein Schlachtbetrieb ähnlich wie in den Vorjahren eine Ausnahmegenehmigung zum Schächten von maximal 200 Schafen und Ziegen.
Juden in Deutschland und Europa hatten sich zuletzt wiederholt besorgt über den Umgang mit rituellen Schlachtungen geäußert. Anlass war ein Schächtverbot in Belgien. Von jüdischer Seite wird etwa eine Einschränkung der Religionsfreiheit kritisiert. Auch werde damit jüdisches Leben infrage gestellt.
Das Schächten ist eine in Islam und Judentum vorgeschriebene rituelle Schlachtmethode, die den Verzehr von unblutigem Fleisch ermöglicht. Dabei werden den Tieren die Halsschlagadern sowie die Luft- und Speiseröhre mit einem Schnitt durchtrennt. Auf eine Betäubung wird verzichtet, so dass das Tier wegen des noch aktiven Kreislaufs vollständig ausbluten kann. Der Genuss von Blut ist in beiden Religionen verboten. In Deutschland ist das Schächten mit Blick auf die Religionsfreiheit unter Auflagen erlaubt. (tmg/KNA)