Der Papst im verflixten siebten Jahr
An Bewegung wird es Papst Franziskus 2019 nicht mangeln. Gleich in den drei ersten Monaten stehen Reisen nach Mittelamerika, Arabien und Nordafrika an; weitere Ziele folgen. Aber auch zu Hause im Vatikan braucht der 82-Jährige keine Langeweile zu fürchten. Der weltweite Missbrauchsskandal und eine Debatte über kirchliche Ämter warten auf der Agenda.
Für einen Silvesterkracher sorgten die beiden Sprecher des Papstes: Greg Burke, Direktor des Presseamts, und seine Stellvertreterin Paloma Garcia Ovejero warfen am letzten Tag des Jahres das Handtuch. Grund waren anscheinend Differenzen über die Gestaltung der vatikanischen Öffentlichkeitsarbeit.
Panama und Abu Dhabi
Den Heiligen Stuhl erwischt der Rücktritt zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt: Für den 21. bis 24. Februar hat Franziskus die Spitzen der Bischofskonferenzen weltweit zu Beratungen über Missbrauch und Prävention nach Rom bestellt. Wenn das Treffen nicht zum PR-Debakel werden soll, muss es Ergebnisse bringen. Der Vatikan spielt mit hohem Einsatz: Jene Bischöfe, die die Tragweite des Problems erkannt haben, sind global noch immer in der Minderheit.
Einen positiven Auftakt zumindest verspricht der Weltjugendtag in Panama im Januar. Naturgemäß sind es dem Papst wohlgesonnene junge Leute, die bei solchen Großtreffen ihr Katholischsein feiern. Die Regierung Panamas will das Land als Urlaubsparadies und Wirtschaftsmotor präsentieren, und in der örtlichen Kirche traten bislang keine Skandale zutage.
Wenige Tage später bricht Franziskus nach Abu Dhabi auf, um auf Einladung von Kronprinz Muhammad bin Zayid an einer interreligiösen Begegnung teilzunehmen. Mit Blick auf Saudi-Arabien und das religionspolitische Fingerhakeln in der Region eine sensible Veranstaltung; dabei stand bei der Bekanntgabe noch nicht mal das Konferenzprogramm fest. Immerhin handelt es sich um die erste Reise eines Papstes nach Arabien; das Prädikat "historisch" ist ihr sicher.
Marokko, Rumänien, Mazedonien - und Irak?
Einkehrtage der Kurie zu Beginn der Fastenzeit im März, Zeremonien zu den Kar- und Ostertagen im April - auch dies bestimmt das Programm des Papstes. Zwischendrin unternimmt er Ende März einen zweitägigen Besuch in Marokko. Neben dem Dialog mit dem Islam dürfte es dort auch um Migration gehen. Anfang Mai besucht der Papst Rumänien und Mazedonien, gemutmaßt wird über einen Besuch im Irak.
Irgendwann im Frühling sollte die vatikanische Leitungsreform formell zu einem Ende kommen. Die neue Kurienordnung, die das alte Reglement nach drei Jahrzehnten ablöst, wird über den Winter ihren Feinschliff erhalten haben. Der Rat der Kardinäle, der diesen Prozess seit 2013 begleitete und zu dem auch der Deutsche Reinhard Marx gehört, ist kleiner geworden. Aus K9 wurde sozusagen K6, soll aber wohl weiter bestehen.
Ob auch das Wirtschaftssekretariat personell erneuert wird, steht dahin. Sein Leiter, Kardinal George Pell, ist seit Juni 2017 wegen zweier Missbrauchsprozesse in Australien beurlaubt; der Generalsekretär Alfred Xuereb wurde im Februar 2018 abberufen. Für ein Schlüsselressort ein untragbarer Zustand. Zudem ist der Posten des Wirtschaftsprüfers vakant. Finanzverwaltung und Transparenz bleiben Baustellen für Franziskus.
Amazonas-Synode verspricht politisch zu werden
Der September ist ein bevorzugter Monat für Papstreisen; auch Anfang November weist der vatikanische Terminkalender eine Lücke auf. Gemutmaßt wird über Besuche in Mosambik und Madagaskar. Franziskus selbst sprach schon von Japan als möglichem Ziel. Dass er hingegen die Einladung von Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un annehmen könnte, scheint doch zu abenteuerlich.
Die für Oktober einberufene Amazonas-Synode verspricht politischer zu werden als gedacht: Unter anderem wird es um Ökologie und Indigenen-Rechte gehen - Themen, für die der neue Präsident des größten Amazonas-Staates Brasilien, Jair Messias Bolsonaro, wenig Sinn offenbart. Vor allem aber stehen seelsorgliche Herausforderungen an: Die Bischöfe wollen über neue Ämter für Frauen und verheiratete Männer sprechen.
Zehn Kardinäle werden kommendes Jahr 80 Jahre alt und scheiden somit aus dem Kreis der Papstwähler aus. Die Zahl der Konklaveberechtigten sinkt allein altersbedingt auf 114, vorbehaltlich eines weiteren Schwunds durch Todesfälle. Grund genug für Franziskus, sich Gedanken über Nachnominierungen zu machen. Wenn das Wahlgremium der Kardinäle zum Jahresende 2019 wieder die Sollstärke von 120 hätte, wären 62 von ihnen von Franziskus ernannt. Das sieht nach einer Konsolidierung der Macht aus. Aber das Jahr, das bewegt beginnt, kann noch stürmisch werden.