Vor 20 Jahren starb Taizé-Mitbegründer Frère Max

Der Theologe neben Frère Roger

Veröffentlicht am 15.08.2016 um 00:01 Uhr – Von Alexander Brüggemann (KNA) – Lesedauer: 
Papst Johannes XXIII. mit Kardinal Augustin Bea, Roger Schütz und Max Thurian.
Bild: © KNA
Kirche

Taizé ‐ Er war Calvinist, gründete mit Frère Roger Taizé, war Beobachter beim Konzil. Mit der Ökumene ging es ihm zu langsam. Er wählte einen anderen Weg: als katholischer Priester in der Päpstlichen Theologenkommission.

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Sein Werdegang ist theologisch ungewöhnlich, ja spektakulär. Max Thurian wurde am 16. August 1921 als Sohn eines Zollbeamten im Kanton Genf geboren. Der Calvinist studierte an der autonomen Theologischen Fakultät der Universität Genf. Nach seinem Abschluss wurde er 1946 von der Église nationale protestante de Genève ordiniert, bevor er sich als einer der ersten sieben Brüder dem idealistischen Projekt von Taizé anschloss. Für den Charismatiker Frère Roger war das Theologiestudium nur ein Mittel zum Zweck seiner geistlichen Berufung, seines spirituellen Weges mit Christus gewesen. Der eigentliche theologische Kopf von Taizé wurde Frère Max.

Kleiner geistlicher Frühling

Die beiden Schweizer wurden von Johannes XXIII. (1958-1963) persönlich als protestantische Beobachter zum Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965) eingeladen. Der reformorientierte Konzilspapst schätzte den geistlichen Aufbruch der ökumenisch gesinnten Gemeinschaft außerordentlich, nannte ihn begeistert einen "kleinen Frühling". 1948, damals noch als Nuntius in Frankreich, hatte er der jungen protestantischen Gemeinschaft gestattet, in der katholischen Dorfkirche Gottesdienst zu feiern. Umgekehrt zeigten sich die Vertreter von Taizé durch die Reformen des Konzils in ihrem Kurs bestätigt; man schien am selben Strang zu ziehen. Mit Erlaubnis des Erzbischofs von Paris wurden 1969 die ersten katholischen Brüder aufgenommen - aus kirchenhistorischer Sicht der eigentliche, sensationelle Start einer ökumenischen Mönchsgemeinschaft.

Bild: ©KNA

Frère Roger im Gespräch mit einem Jugendlichen in Taizé 1975.

Drei Jahre später erhielten Frère Roger und Frère Max gar vom Bischof von Autun, Armand Le Bourgeois, die Kommunion. Schon beim Konzil hatten die beiden Calvinisten Aufsehen erregt, als sie wie selbstverständlich vor dem Altarssakrament niederknieten. Der eucharistische Schritt von 1972 wurde lange Zeit als Beleg für einen Übertritt der beiden zum Katholizismus gewertet - was jedoch von der Gemeinschaft von Taizé stets als unzutreffend zurückgewiesen wurde.

Frère Max wählte den Weg als Priester

Die innere Chronologie der folgenden Jahre ist nicht mehr einfach nachzuvollziehen. Offenbar gingen Frère Max die damals noch erheblichen ökumenischen Fortschritte nicht schnell genug. Der heutige Prior von Taizé, der deutsche Katholik Frère Alois (62), sagt auf Anfrage: "Er wurde irgendwann zu ungeduldig, und er ging einen anderen Weg." Anfang der 1980er Jahre arbeitete Max Thurian noch an der Lima-Erklärung des Weltkirchenrates (ÖRK) von 1982 mit. Am 3. Mai 1987 schließlich wurde er in Neapel vom dortigen emeritierten Erzbischof, Kardinal Corrado Ursi, zum Priester geweiht. 1992 berief ihn Johannes Paul II. (1978-2005) zum Mitglied der päpstlichen Internationalen Theologenkommission. Ein weiter geistlicher Weg hatte Thurian vom Genfer reformierten Theologen zum ökumenisch gesinnten Mönch bis zum päpstlichen Theologen geführt.

In seinen letzten Lebensjahren litt er an einer Krebserkrankung, wurde in Genf behandelt. "Aber er kam weiter jede Woche nach Taizé", berichtet Frère Alois - immerhin 120 Kilometer Luftlinie und rund 200 Straßenkilometer. Frère Max Thurian starb in Genf, einen Tag vor seinem 75. Geburtstag. Begraben liegt er in Taizé, gleich neben Frère Roger am Eingang der kleinen romanischen Dorfkapelle.

Linktipp: Die Friedensbotschaft von Taizé wurzelt im Krieg

Taizé gehört vielleicht zu den friedlichsten Orten der Welt. Das Friedensengagement von Frère Roger wurzelt im Krieg. Hier versteckte er Notleidende beider Seiten. Heute ist die ökumenische Gemeinschaft als Gebetsort vor allem unter Jugendlichen bekannt.
Von Alexander Brüggemann (KNA)