Papst: Kirchliches Lehramt muss Glaubenssinn der Menschen beachten

Einfache Katholiken mitnehmen

Veröffentlicht am 07.12.2013 um 00:00 Uhr – Lesedauer: 
Papst Franziskus fährt zu Beginn einer Generalaudienz mit dem Papamobil durch die Menge.
Bild: © KNA
Theologie

Vatikanstadt ‐ Das kirchliche Lehramt muss nach den Worten von Papst Franziskus stets auch die Glaubenspraxis der einfachen Katholiken im Auge haben. Es habe die Pflicht, aufmerksam zu registrieren, was der Heilige Geist den Kirchen durch "authentische Ausdrucksformen des Sinns der Gläubigen" kundtue, sagte Franziskus am Freitag im Vatikan vor der Internationalen Theologenkommission. Dies sei für Theologen von "größter Bedeutung".

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Alle Glieder der Kirche besäßen kraft des Heiligen Geistes eine Art "spirituellen Instinkt", den Glaubenssinn. Dieser ermögliche ein "Fühlen mit der Kirche" und mache die Gläubigen in ihrer Gesamtheit zu einem "Volk von Propheten". Der Sinn der Gläubigen dürfe allerdings nicht soziologisch im Sinne einer Mehrheitsmeinung missverstanden werden, so Franziskus. Die Theologen rief er zugleich auf, weiter an Kriterien für eine Ermittlung des wahren Glaubenssinns zu arbeiten.

Die sogenannte Lehre vom Glaubenssinn des ganzen Gottesvolkes, lateinisch "sensus fidelium", war eines von drei Themen der diesjährigen Vollversammlung der internationalen Theologenkommission im Vatikan, die an diesem Samstag endet. Das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) hatte festgehalten, dass der Glaubenssinn neben Lehramt und Theologie eine eigene Instanz zur Erkenntnis und Bezeugung des Glaubens ist. Die Gesamtheit der Gläubigen könne im Glauben nicht fehlgehen, heißt es im Konzilsdokument über die Kirche.

Diese Untrüglichkeit der Gläubigen ist demnach jedoch an die "Leitung des heiligen Lehramtes" gebunden. Wie sich das Verhältnis zwischen Glaubenssinn und Lehramt näher beschreiben lässt, ist jedoch bislang strittig. Einigkeit besteht darüber, dass es nicht einfach in einem demokratischen Sinne verstanden werden kann.

Papst: Monotheismus fördert keine Intoleranz und Gewalt

In seiner Ansprache wandte sich der Papst zugleich gegen die These, Monotheismus fördere mit seinem Anspruch auf absolute Wahrheit Intoleranz und Gewalt. "Gott ist keine Bedrohung für den Menschen", sagte Franziskus. Der Glaube an den einen und dreifaltigen christlichen Gott könne niemals Gewalt und Intoleranz erzeugen, so Franziskus. In den vergangenen Jahren hatten renommierte Wissenschaftler die These vertreten, dass die großen monotheistischen Religionen im Gegensatz zu anderen Religionen zu Intoleranz und Gewalt führten.

Mit Blick auf die katholische Soziallehre sagte Franziskus weiter, die Kirche müsse diese zuerst in ihren eigenen Reihen verwirklichen. Sie müsse in das konkrete soziale Leben übersetzt werden und stets mit der Verkündigung der christlichen Botschaft einhergehen.

Die Vollversammlung der internationalen Theologenkommission befasste sich seit Montag mit den Themen Glaubenssinn, Monotheismus und Gewalt sowie der katholischen Soziallehre. Die Kommission berät die vatikanische Glaubenskongregation; deren Präfekt, Kurienerzbischof Gerhard Ludwig Müller , ist zugleich Präsident des Gremiums. (KNA)