"Emmaus Trail": Modernes Pilgern auf den Spuren des Auferstandenen
Ein Felsblock mit einer schlichten Plakette markiert den Einstieg in den neuen Wanderweg. Der hölzerne Wegweiser rechts daneben ist noch in dicke Folie eingeschlagen. Das soll sich in einigen Monaten ändern: Dann soll der "Emmaus Trail", nach dem kanadisch-jüdischen Geldgeber auch "Bloomfield-Friedensweg" genannt, das arabische Dorf Abu Gosch mit dem weiter westlich gelegenen Latrun verbinden: Von Emmaus nach Emmaus sozusagen, denn beide Orte konkurrieren um den Titel, der Ort der Begegnung Jesu mit den beiden Jüngern von Emmaus am Ostermontag zu sein.
Derzeit trennen den Wanderweg noch rund 150 Meter von seiner Vollendung, wie Manuel Cimadevilla berichtet. Der Spanier ist Geschäftsführer des jüngst eröffneten "Saxum-Besucherzentrums", das gemeinsam mit dem israelischen Tourismusministerium und dem Jüdischen Nationalfonds (KKL) hinter dem Projekt steht. Der Weg soll, so der Wunsch seiner Erfinder, in den Ausgrabungen von Latrun enden. Um eine vielbefahrene Schnellstraße zu meiden, sollen die Pilger über ein Grundstück der Karmeliter geschickt werden, Privatland, in das die jüdischen Behörden nicht eingreifen. "Auf diesen letzten Metern wird Saxum anstelle des KKL die Markierung und Wegführung übernehmen", sagt Cimadevilla. Entsprechende Verhandlungen mit dem Orden laufen.
Eine "selbstgeführte" Wegstrecke
Seit seiner Geburt stand das Projekt "Emmaus Trail" vor verschiedenen Herausforderungen. Da ist die neue Schnellzugstrecke Tel Aviv-Jerusalem, deren Trasse den ursprünglichen Weg kreuzt – eine Alternativroute für die Pilger musste gefunden werden. Da sind zudem jene Teile des Wegs im "Park Kanada", die jenseits der sogenannten grünen Linie, also auf palästinensischem Land liegen. "Der KKL operiert nicht im Park Kanada, und wir als Saxum können und wollen auf diesem Teilstück nicht einspringen, weil wir nicht die politische Diskussion eröffnen wollen", so Cimadevilla. Die Lösung: Der Teil im Park bleibt unmarkiert, "selbstgeführt", sagt der Spanier und verweist auf Karten und Wanderführer, die künftig erhältlich sein sollen.
Mehr als 3.000 Jahre alt ist der Weg, den die Pilger künftig unter dem Label "Emmaus" erwandern können, "in Erinnerung an die jüdischen und christlichen Pilger, die diesen Weg nach Jerusalem und Emmaus-Nikopolis auf der Suche nach Frieden gingen", wie am Beginn des Weges in Abu Gosch zu lesen ist.
Von hier aus geht es auf Wald- und Feldwegen Richtung Latrun. Über 18 Kilometer führt der Weg durch die Natur, die sich besonders im Frühjahr nach der Regenzeit mit für die Region unüblich üppigem Grün und wilden Tulpen, Anemonen und Orchideen präsentiert. Es ist zugleich eine Wanderung durch die Geschichte bis in alttestamentliche Zeit. Überreste von Wachtürmen aus der Zeit Sultan Abdul-Hamids bezeugen die Existenz der Straße von Jaffa nach Jerusalem im späten 19. Jahrhundert. Die Klosterkirche in Abu Gosch, kaum einen Steinwurf vom Einstieg des Wegs entfernt, reicht in die Kreuzfahrerzeit zurück, die Reste einer Festung und Meilensteine sind Überbleibsel der Römer. Antike Ritualbäder deuten auf jüdische Besiedlung am Wegesrand.
Infrastruktur für zeitgemäßes Pilgern
Entlang der archäologischen Stätten wollen die Macher des Emmauswegs den künftigen Pilgern modernen Komfort bieten. Wasserspender, Parkplätze an beiden Enden und eine App, die auch offline Informationen zum Trail bietet, sollen dabei laut Cimadevilla nur ein erster Schritt zum Ausbau der Infrastruktur zwischen Emmaus und Emmaus sein. Künftig könnten neben Marketingprodukten wie T-Shirts, Rucksäcken und Wasserflaschen Rastplätze, weitere Einstiegsstellen in den Weg, ein Cafe und ein Gästehaus hinzukommen. Auch über die Möglichkeit des Rücktransports zum Ausgangspunkt denkt man bei Saxum nach.
"Ein solcher Ausbau", sagt Cimadevilla, "hat direkte Auswirkung auf die einheimische Bevölkerung". In Zusammenarbeit mit dem Tourismusministerium sollen Kurse für Guides durchgeführt werden, in denen es um die verschiedenen Emmaus-Traditionen geht. Thematische und spirituelle Wanderungen sollen das Angebot abrunden. Der Trail eröffne den Pilgern die einzigartige Möglichkeit, entlang einer reichen Geschichte auf den Spuren Tausender anderer Pilger zu wandeln – möglicherweise auf den Spuren Jesu selbst, so Cimadevilla.