Neues Missbrauch-Meldegesetz bringt australische Geistliche in Bedrängnis

Erzbischof: Meine Priester werden Beichtgeheimnis nicht brechen

Veröffentlicht am 29.03.2019 um 14:07 Uhr – Lesedauer: 

Canberra ‐ In Australiens Hauptstadt Canberra sind Priester künftig verpflichtet, Missbrauch den Behörden zu melden – selbst, wenn er in der Beichte gestanden wird. Doch Erzbischof Christopher Prowse lehnt das ab.

  • Teilen:

Trotz Inkrafttretens des neuen Meldegesetzes werden Priester in der australischen Erzdiözese Canberra-Goulburn nicht das Beichtgeheimnis verletzen, um Missbrauchstäter anzuzeigen. "In dem unwahrscheinlichen Fall, dass während der Beichte ein nicht gemeldeter Kindesmissbrauch aufgedeckt wird, werden die Priester, ohne das Beichtgeheimnis zu verletzen, die Gelegenheit nutzen, die Person zu ermutigen und zu unterstützen, sich bei den Behörden zu melden", heißt es in einem Statement von Erzbischof Christopher Prowse, das am Mittwoch (Ortszeit) veröffentlicht wurde.

Ab kommenden Montag sind alle Einwohner des Australischen Hauptstadtterritoriums, das Canberra umschließt, dazu verpflichtet, Missbrauchsanschuldigungen den staatlichen Behörden zu melden. Dazu gehören auch Priester, denen im Beichtstuhl ein derartiges Verbrechen gestanden beziehungsweise gemeldet wird. Bei Missachtung drohen bis zu zwei Jahre Gefängnis.

Kriminalität und Bestrafung sei Sache der Zivilbehörden, während sich die Kirche mit "Sünde und Vergebung, Unterstützung und Heilung" beschäftige, heißt es weiter in der Erklärung. Grundsätzlich sei das neue Gesetz allerdings "eine wirklich bedeutende Entwicklung". Es werde dazu beitragen, Kindesmissbrauch nicht nur in Institutionen, sondern auch in der übrigen Gesellschaft zu erfassen. "Katholiken bemühen sich, zusammen mit anderen guten Bürgern, der Gesetzgebung der Regierung zu entsprechen." Man werde weiterhin ein "sicheres Umfeld" für Kinder schaffen.

Beichtstuhl "kein Schlachtfeld der Kriminalität"

Gegenüber Reportern sagte Prowse laut Medienberichten, er gehe nicht davon aus, dass der Beichtstuhl zum "Schlachtfeld der Kriminalität" werde. Er könne sich nicht vorstellen, dass im Beichtstuhl viele Missbrauchsfälle gestanden werden. Es sei daher nicht notwendig, diese "hypothetischen Diskussionen" zu führen, betonte der Erzbischof. In einem anschließenden Interview mit dem australischen TV-Sender ABC wandte sich Prowse direkt an Menschen, die "berichtspflichtige" Sünden begangen haben: "Klären Sie diese bitte, bevor Sie in den Beichtstuhl kommen, damit wir uns nicht mit der Bestrafung von Verbrechen befassen müssen."

In Australiens katholischer Kirche wurden in den vergangenen Jahren zehntausende Missbrauchsfälle bekannt, die teils von höchster Stelle gedeckt wurden. Mehrere australische Bundesstaaten haben in der jüngeren Vergangenheit Gesetze erlassen, die ausnahmslos alle zur Anzeige verpflichten, die von sexuellem Missbrauch erfahren – auch, wenn die Kenntnis im Rahmen einer Beichte oder anderer Seelsorgegespräche erlangt wurden. Die Gesetze gehen auf den Bericht der staatlichen Missbrauchskommission zurück. Darin heißt es, dass die Kommission von Fällen gehört habe, "in denen Täter, die den sexuellen Missbrauch von Kindern gebeichtet haben, Vergebung suchten und es dann wieder getan haben." Mehrere australische Bischöfe haben sich bereits mit deutlichen Worten gegen die Gesetze gewandt. Das Kirchenrecht sieht für den Bruch des Beichtgeheimnisses für Priester automatisch die Exkommunikation vor. (mal)