Der Baldachin überdacht die Monstranz und ihre Hostie

Fronleichnam in acht Stichworten

Veröffentlicht am 20.06.2019 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Feiertage

Bonn ‐ Mit zahlreichen Prozessionen feiert die Kirche Fronleichnam. Viele alte Bräuche und Bezeichnungen sind mit diesem Festtag verbunden. Katholisch.de erklärt die acht wichtigsten Begriffe.

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Altar

Traditionell hielt (und sie tut es mancherorts immer noch) die Fronleichnamsprozession an vier Stationen an besonders hergerichteten Altären an. Vier waren es deshalb, weil damit alle vier Himmelsrichtungen berücksichtigt werden, denn die Prozession geht auf alte Stadt- und Flurumgänge zurück, bei denen der sakramentale Segen in die Himmelsrichtungen erteilt wurde. Da die Vierzahl auch auf die Evangelien verweist, wird in der Regel an jeder Station aus einem anderen Evangelium vorgelesen. Die Altäre sind je nach Region kunstvoll mit Blumen geschmückte Tische auf dem Prozessionsweg. Sie stehen an besonderen Orten wie Kirchen, Kapellen oder auf bestimmten Plätzen der Stadt oder des Dorfes. Die Orte, an denen die Prozession anhält, werden Wegaltar oder Altarstation genannt. Teilweise besteht der ganze Weg, den der Priester mit der Hostie in der Monstranz zurücklegt, aus einem Blumenteppich, den engagierte Gemeindemitglieder in der Nacht zum Fest kunstvoll gestalten. Andernorts sorgen Kommunionkinder mit Körben voller Blüten dafür, dass "Christus auf Blumen in das Himmelreich einzieht", wie der Brauch auch spirituell gedeutet wird. Manchmal werden auch die Häuser am Prozessionsweg geschmückt, etwa mit Flaggen in den Vatikan-Farben weiß und gelb.

Prozession an Fronleichnam
Bild: ©gemeinfrei

Prozession an Fronleichnam: "Himmelträger" tragen den Baldachin über dem Priester mit Monstranz und Hostie. Ministranten gehen dem Zug üblicherweise voran.

Baldachin

Der Baldachin, auch (Trage-)Himmel genannt, ist ein Ehrenzeichen, dass bei der Prozession die Monstranz mit dem Leib Christi schützt: Es ist ein meist rechteckiges Tuch, das auf vier Stöcken ausgespannt ist, die von vier Menschen getragen werden. Dieser wie ein Schirmdach aufgehängte "kleine Himmel" hebt die Würde und Heiligkeit einer Sache oder einer Person (Papst, Bischof, Kardinal) hervor. Spätestens seit dem 12. Jahrhundert gibt es den Prozessions-Baldachin für Reliquien oder eben, wie an Fronleichnam, für die gewandelte Hostie. Das Schutz- und Ehrenzeichen heißt deshalb Baldachin, weil es aus kostbaren Seidenstoff bestand, der aus Bagdad (auf mittellateinisch Baldach genannt) importiert wurde. Die Träger der vier, manchmal auch sechs Stangen des Baldachins werden "Himmelträger" genannt. Den "Himmel" tragen zu dürfen gilt als eine Ehrenaufgabe.

Corpus Christi

Wer rund um Fronleichnam Urlaub im Ausland macht, kommt um den Begriff nicht herum: Corpus Christi. Das ist der "internationale" Name für das Hochfest, das hierzulande unter einem etwas sperrigen Begriff aus dem Mittelhochdeutschen bekannt ist. In Italien sowie in englisch- und spanischsprachigen Ländern wird es, angelehnt an das lateinische "Sollemnitas Sanctissimi Corporis et Sanguinis Christi" das Fest "Leib Christi" oder "Leib des Herrn" genannt. In den Niederlanden heißt es schlicht "Sakramentsdag". All die unterschiedlichen Bezeichnungen zeigen, worum es bei dem Fest geht: Um den lebendigen Leib unseres Herren Jesus Christus und um seine bleibende Gegenwart in der Eucharistie.

Bild: ©dpa/Patrick Seeger

Ein Kind bestaunt an Fronleichnam in Mühlenbach einen Teil des kilometerlangen Blumenteppichs.

Hostie

An Fronleichnam dreht sich alles um sie und doch gibt es – gerade bei Außenstehenden – viele Fragen rund um das Gebäck: die Hostie. Denn es gibt eine strenge Unterscheidung zwischen gewandelten (konsekrierten) und ungewandelten Hostien. Zu Beginn der Messe ist es noch ein kleines rundes Stück Brot aus Weizenmehl und Wasser, ohne Zugabe von Salz. Nach der Wandlung in der Eucharistiefeier wird die Hostie auch "Allerheiligstes" genannt, denn sie ist zum "Leib Christi" geworden, genauso wie der Wein im Kelch zum "Blut Christi" wurde. Wenn jemand dieses gewandelte Brot noch schlicht "Oblate" nennt, kann das die Gefühle der Katholiken verletzen. Das Allerheiligste wird an Fronleichnam in eine Monstranz gesetzt und feierlich durch die Straßen getragen. Der Ausdruck Hostie kommt vom Lateinischen hostia, was Schlachtopfer bedeutet. Ursprünglich ging es um das alttestamentliche Opfertier, später um das Opferlamm Christus. Zur Zeit der Kirchenväter bezeichnete man mit hostia die Gaben für die Eucharistiefeier, also Brot und Wein. Seit dem 9. Jahrhundert steht es für das Opferbrot, das spätestens ab dieser Zeit aus Oblaten hergestellt wurde.

"Froher Leichnam"?

Meistens kommt man in der katholischen Kirche mit Latein ziemlich weit. Doch bei Fronleichnam kommt man selbst mit einem großen Latinum mit seinem Latein schnell ans Ende. Denn das Wort stammt aus dem Mittelhochdeutschen, jener Sprache also die hierzulande zwischen 1050 und 1350 gesprochen wurde. Gemeint ist keineswegs ein "Froher Leichnam", wie man meinen könnte. "Vron" bedeutet "Herr" und "licham" heißt "lebendiger Leib".

Eine Monstranz mit einer Hostie.
Bild: ©picture alliance / dpa/Donatella Giagnori / Eidon

An Fronleichnam wird eine Monstranz mit einer gewandelten Hostie durch die Straßen getragen.

Monstranz

Monstranz heißt das oft vergoldete und kunstvoll verzierte Schaugefäß, in dem die gewandelte Hostie hinter einer dünnen Glasscheibe ausgestellt wird. Dieser Zeige-Behälter ist auf einen Fuß aufgesetzt. "Erfunden" wurde die Monstranz, um die gewandelte Hostie bei den Fronleichnams-Prozessionen mitführen zu können. Der Name leitet sich vom lateinischen "monstrare" ab, zu Deutsch "zeigen". Die alten Monstranzen aus dem Spätmittelalter haben die Form eines Turms. Verbreitet ist zudem die aus dem Barock stammende Sonnen-Monstranz, deren Schaugefäß ein Strahlenkranz umgibt. Die Hostie wird in der Monstranz durch eine sichelförmige oder kreisrunde Klemme gehalten. Während der Fronleichnamsprozession trägt der Priester die Monstranz in seinen von einem speziellen Schultertuch verhüllten Händen, dem sogenannten Velum. Trotz der häufig reichen Verzierung der Monstranz ist das eigentlich wertvolle ihr Inhalt: der Leib Christi.

Prozession

Die Prozession ist heute zum Markenkern von Fronleichnam geworden: Nach dem Gottesdienst zieht die Gemeinde singend und betend durch die Straßen, oft von einer Musikkapelle begleitet. Der Priester trägt hierbei die zum Leib Christ gewandelte Hostie in einer Monstranz vor sich her. Ursprünglich war die Prozession jedoch nicht Bestandteil dieses Festes; erst im späten Mittelalter kam dieser Brauch auf. Bei diesen Bittprozessionen wurden Felder, Wälder und später auch Städte gesegnet. Frühe Belege finden sich für Köln, Benediktbeuern und Hildesheim. Im Laufe der Jahrhunderte wurden die Prozessionen immer ausgedehnter und feierlicher. Die Gläubigen führten Heiligen-Reliquien und -Figuren mit; teilweise gab es auch dramatische Prozessionen mit feuerspeienden Teufelsfiguren und Drachen. Die Päpste versuchten, allzu ausschweifende Prozessionen zu unterbinden. Nach der Reformation wurde die Fronleichnamsprozession im Wettstreit der Konfessionen zu einer demonstrativen Kundgebung des Katholizismus. Seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil gilt sie als Zeichen für die Kirche als wanderndes Gottesvolk.

Bild: ©Fotolia.com/gino1

Katholiken glauben an die Realpräsenz Christi in der Eucharistie. Daher verehren sie die gewandelte Hostie in der Monstranz.

Realpräsenz

Wer verstehen will, warum Katholiken an Fronleichnam mit einem ursprünglich aus Weizenmehl und Wasser hergestellten kreisförmigen dünnen Gebäck in einem kostbaren Gefäß durch die Straßen ziehen, kommt man an einem theologischen Fachbegriff nicht vorbei: Realpräsenz. Damit drücken Theologen aus, dass Brot und Wein und Brot nach katholischem Verständnis nicht nur Leib und Blut Christi symbolisieren, sondern Christus darin gegenwärtig, eben real präsent ist. Diese Wandlung erfolgt durch die Kraft Gottes, indem der Priester, der Christus repräsentiert, dessen Worte vom letzten Abendmahl spricht.

Weil "real" und "gegenwärtig" heute zumeist im streng naturwissenschaftlichen Sinn verstanden werden, haben manche Gläubige Schwierigkeiten mit dieser Vorstellung. Das hinter der Lehre von der Realpräsenz stehende Denkmodell stammt vom griechischen Philosophen Aristoteles (4. Jh. v. Chr). Für Aristoteles ist die "Substanz" noch nicht gleichbedeutend mit der materiellen Beschaffenheit. Sie meint vielmehr das Wesentliche einer Sache. Unter Rückgriff auf diese Deutung setzte sich in der mittelalterlichen Theologie die Lehre durch, dass sich in der Eucharistie die Substanz von Brot und Wein wandle, die materielle Beschaffenheit jedoch unverändert bleibe. Die Wandlung ist nach katholischer Überzeugung dauerhaft. Deshalb werden die gewandelten Hostien in einem Tabernakel aufbewahrt, einem speziellen Schrank im Altarbereich der Kirche.

Von Agathe Lukassek und Thomas Jansen