Italienischer Komponist starb vor 425 Jahren

Giovanni Pierluigi da Palestrina: Der Retter der Kirchenmusik

Veröffentlicht am 02.02.2019 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn/Rom ‐ Auf dem Konzil von Trient soll Giovanni Pierluigi da Palestrina einst die Kirchenmusik gerettet haben. Sein Einfluss auf die Musikgeschichte ist jedenfalls nicht zu unterschätzen. Aus der Liturgie im Petersdom sind seine Werke nicht wegzudenken.

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Palestrina – dieser Name steht bis heute als Synonym für die Kirchenmusik in ihrer höchsten Vollendung. Dabei ist es eigentlich nur der Name eines Ortes, einer Kleinstadt von rund 20.000 Einwohnern, malerisch gelegen am Rande der Monti Prenestini, 37 Kilometer östlich von Rom. Der Mann, der diese Stadt berühmt gemacht hat, hieß eigentlich Giovanni Pierluigi, doch fügte er dem Namen ein "da Palestrina" an. Als Palestrina wurde er schon zu Lebzeiten berühmt, als Palestrina ging er in die Musikgeschichte ein. Am 2. Februar 1594, vor 425 Jahren, starb er 69-jährig in Rom.

Sein musikalisches Talent zeigte sich schon früh. Als Chorknabe an der Basilika Santa Maria Maggiore in Rom ausgebildet, übernahm er schon mit 19 die Leitung der Kirchenmusik an der Kathedrale seiner Heimatstadt. Doch hielt es den jungen Musiker nicht lange in der Provinz. Als 1551 ein "Magister cantorum" für die Cappella Giulia der Peterskirche gesucht wurde, wechselte der 26-Jährige in die Ewige Stadt. Dass er die Stelle ohne das übliche Prüfungsverfahren erhielt, verdankte er wohl seinem Gönner, dem Bischof Giovanni Maria Ciocchi von Palestrina.

Ohne Aufnahmeprüfung in den Chor der Sixtina

Welch große Stücke der Geistliche auf seinen Schützling hielt, zeigte sich wenig später. Als Ciocchi 1555 zum Papst gewählt wurde – er nannte sich Julius III., – berief er Palestrina an den Päpstlichen Chor der Sixtinischen Kapelle, einmal mehr unter Umgehung des üblichen Aufnahmeverfahrens. Nun trat der Musiker auch als Komponist hervor, veröffentlichte Messen und ein erstes Madrigalbuch.

Palestrinas Wirken fiel in eine Zeit des Umbruchs. Auf dem Konzil von Trient (1545 bis 1563) versuchte die Kirche, Lehren aus der Reformation zu ziehen. Mit der Liturgie stand dort auch die Kirchenmusik auf der Tagesordnung und die Frage, welche Rolle sie in den Gottesdiensten spielen sollte.

Bild: ©picture-alliance/akg-images

Das Tridentinische Konzil dauerte von 1545 bis 1563. Der Kupferstich von Claudy aus dem Jahr 1565 zeigt eine Sitzung der Kirchenversammlung in der Kathedrale von Trient.

Im Zentrum der Debatten stand das Verhältnis von Wort und Ton. Die in jenen Jahren übliche polyphone Satztechnik mit ihren kunstvoll sich umspielenden Stimmen stand nämlich der Textverständlichkeit im Wege. Reformer forderten deshalb eine Vereinfachung der musikalischen Struktur, damit die Gläubigen das gesungene Gotteswort besser verstehen konnten. Musikalisch freilich hätte das einen gewaltigen Rückschritt bedeutet.

Lange hielt sich die Mär, dass bestimmende Kräfte auf dem Konzil den mehrstimmigen Gesang endgültig aus den Kirchen verbannen wollten. Das aber habe Palestrina zu verhindern gewusst, weil er in seiner "Missa Papae Marcelli" den Beweis antrat, dass Polyphonie und Textverständlichkeit nicht unbedingt Gegensätze sein mussten. Historisch stichhaltige Beweise für diese These, die auch Hans Pfitzner in seiner Oper "Palestrina" (1917) fortschrieb, gibt es allerdings nicht.

Den Nerv der Zeit getroffen

Fakt ist: Palestrinas Musik traf den Nerv dieser schwierigen Zeit, er fand Freunde und Fürsprecher auch unter den Reformern. Von der Sixtina wechselte er an die Lateranbasilika und nach Santa Maria Maggiore, 1571 zurück an den Petersdom. Dort blieb er bis zu seinem Tod tätig – nicht zuletzt, weil Berufungen an die Höfe von Mantua und Wien an seinen exorbitanten Gehaltsforderungen scheiterten.

Palestrinas musikalisches Vermächtnis ist kaum zu überschauen. Erhalten sind etwa 113 Messen in 14 Büchern, 35 Vertonungen des Magnificat, 72 Lamentationes, 56 geistliche und 93 weltliche Madrigale, dazu Motetten, Hymnen, Marienlieder und vieles mehr. Gesungen werden seine Werke bis heute - weltweit.

Aber die Wirkung Palestrinas geht noch weiter. Dank zahlreicher Schüler galt sein Kompositionsstil noch lange nach seinem Tod als vorbildlich für die Kirchenmusik, fand schließlich Eingang in die barocken Kompositionsschulen, die wiederum bis in die Zeit der Wiener Klassik nachhallten. Eine regelrechte Palestrina-Renaissance setzte um die Mitte des 19. Jahrhunderts ein. Franz Liszt, Charles Gounod, Johannes Brahms, Anton Bruckner – sie alle beriefen sich in ihren geistlichen Werken auf das Vorbild des Italieners. Und auch die Gunst der Päpste hat Palestrina nicht verloren: Am Petersdom zählen seine Werke nach wie vor zum festen liturgischen Repertoire.

Von Andreas Laska (KNA)