Historischer Kirchengipfel auf Kuba
Das historische Kirchentreffen, das am Freitagmittag gleichzeitig im Vatikan und in Moskau angekündigt wurde, soll insgesamt rund drei Stunden dauern. Kyrill begibt sich zum Jose-Marti-Flughafen von Havanna, wo der Papst gegen 14.00 Uhr Ortszeit aus Rom kommend eintrifft. Nach einem protokollarischen Empfang durch Staatspräsident Raul Castro ziehen sich Franziskus und Kyrill zunächst zu einem "privaten Gespräch" in ein Flughafengebäude zurück; dafür sind rund zwei Stunden veranschlagt.
Danach begeben sich die Kirchenoberhäupter in einen Nebenraum, wo sie in Anwesenheit ihrer Delegationen eine gemeinsame Erklärung unterzeichnen. Dazu gehören für den Heiligen Stuhl der Schweizer Kurienkardinal Kurt Koch und für die Orthodoxie der Moskauer Außenamtschef Metropolit Hilarion. Nach einer erneuten kurzen Begegnung mit Castro setzt Franziskus seinen Flug nach Mexiko fort.
Treffen trotz einer Reihe offener Probleme
Ein Treffen von Papst und Moskauer Patriarch schien bislang kaum erreichbar. Im Prinzip sei eine Begegnung zwar denkbar, hieß es auf beiden Seiten. Aber Moskau betonte, dass zunächst eine Reihe offener Probleme gelöst werden müsse. Daher seien die Vorbereitung und der Weg zu einem solchen Treffen hin viel wichtiger als das Datum selbst, lautete die Sprachregelung.
Franziskus war Moskau seit seinem Amtsbeginn mehrfach entgegengekommen: Er sei zu einem Treffen mit Kyrill an jedem beliebigen Ort und zu jeder Zeit bereit, betonte er. Und so hieß es auch seit einiger Zeit, eine Begegnung sei jetzt eher möglich als noch unter Johannes Paul II. (1978-2005). Damals galt auch dessen polnische Herkunft angesichts der russisch-polnischen Verstimmungen als ein Hinderungsgrund.
Problem Nummer eins war dabei die Lage der mit Rom unierten Kirche in der Ukraine. Nach ihrer Auflösung unter Stalin war sie nach dem Auseinanderbrechen der Sowjetunion wieder an die Öffentlichkeit getreten und forderte alte Rechte und alten Besitz auch von der Orthodoxie zurück. Zudem sah Moskau in der Errichtung von vier katholischen Diözesen in Russland 2002 einen Affront.
Der Vorwurf des Proselytismus - einer unökumenischen und aggressiven katholischen Missionsarbeit auf traditionell orthodoxem Territorium - stand offen im Raum. Nur mit Mühe und in intensiven Gesprächen insbesondere durch die "Ökumene-Minister" Walter Kasper und Koch wurden die Vorbehalte allmählich ausgeräumt. Papst Benedikt XVI. (2005-2013) bemühte sich in seiner Amtszeit intensiv um die Ökumene. Dann ergaben sich jedoch auch Probleme im katholisch-orthodoxen Dialog. Die Vertreter Moskaus klinkten sich aus prinzipiellen theologischen Bedenken aus der internationalen Dialogkommission aus.
Dass eine Begegnung zwischen Franziskus und Kyrill jetzt zustande kommt, dürfte auch mit dem Ökumene-Verständnis des derzeitigen Papstes zu tun haben. Für ihn stehen menschliche Begegnung, Freundschaft und Verständnis, aber auch praktische Zusammenarbeit für die großen Menschheitsfragen wie Frieden, Gerechtigkeit oder Bewahrung der Schöpfung stärker im Vordergrund als theologische Dispute.
Bewegung in der Ökumene
Das gemeinsame Schlussdokument von Havanna wird Aufschluss darüber geben, auf welcher Grundlage die Begegnung nun zustande kommt. Treffen der Päpste mit orthodoxen Patriarchen (außer dem Moskauer) sind eigentlich keine Sensation. Schon 1964 trafen sich Paul VI. und Athenagoras in Jerusalem, in Konstantinopel und Rom. Bei Auslandsreisen kamen Päpste mit orthodoxen Kirchenoberhäuptern von Rumänien und Jerusalem, von Griechenland oder Georgien zusammen.
Zu Moskau, der zahlenmäßig größten und wichtigsten orthodoxen Kirche, bestanden freilich immer ganz besondere Beziehungen. Nachdem nun - nach langen Vorbereitungen, wie der Vatikan betonte - ein solcher Brückenschlag erfolgt, ist durchaus mit weiterer Bewegung in der Ökumene zu rechnen. Und im Juni kommen ja auch die orthodoxen Kirchen erstmals überhaupt in dieser Form zu einem sogenannten Panorthodoxen Konzil zusammen.