Kardinal Hummes: Kirche braucht Neues, ohne Angst und Widerstand
Der brasilianische Kardinal Claudio Hummes hat sich für eine Öffnung der Kirche bei der im Oktober stattfindenden Amazonas-Synode ausgesprochen. "Wir bauchen dringend Neues, ohne Angst und Widerstand", sagte Hummes in einem Interview der Jesuiten-Zeitschrift "Civilta Cattolica", das jetzt auf Deutsch in der Zeitschrift "Stimmen der Zeit" (August) erschien. Alt und neu müssten sich verbinden. Die Synode diene dazu, neue Wege aufzuzeigen, wo sie sich als notwendig erwiesen.
Lateinamerikanische Verschiedenheit
Der Kardinal sprach sich auch für eine "indigene Kirche" aus, die ihre eigene Kultur, Identität, Geschichte und Spiritualität haben und zugleich mit der katholischen Weltkirche geeint sein müsse. Die Länder des Amazonasgebiets seien ein Ausdruck der lateinamerikanischen Verschiedenheit, die mit Offenheit von der Kirche Europas und der übrigen Welt aufgenommen werden sollte, so Hummes.
Der Dienst in Gemeinden vor Ort muss laut Hummes von der Gemeinde ausgehen: "Die Gemeinde ist nicht für ihren Amtsträger da, sondern der Amtsträger für seine Gemeinde." Die Dienste in der Gemeinde müssten von ihrer Kultur, ihrer Geschichte und ihren Bedürfnissen ausgehen. "Eben das ist die Öffnung", so Hummes. Die Synode müsse einen Prozess erlauben, der Freiheit besitze und die Würde jedes Christen berücksichtige.
Die Synode müsse sich zudem innerkirchlicher wie äußerer Widerstände bewusst sein, etwa aus der Wirtschaft und von Regierungen, so der Kardinal. Manche könnten mit Gewalt und unter Verletzung grundlegender Menschenrechte Änderungen zu verhindern suchen. Auch die Einhaltung von Normen zu Nachhaltigkeit und Naturschutz in Amazonien sei in Gefahr. "Aber wir dürfen nicht aufgeben. Es wird Protest nötig sein. Nicht gewaltsam, aber sicherlich entschieden und prophetisch", sagte Hummes.
Der Kardinal beklagte darüber hinaus ständige Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung im Amazonasgebiet. Er sprach von einer "dramatischen" Lage. "Noch schlimmer ist, dass die meisten dieser Verbrechen ungesühnt bleiben."
Frauenweihe und Zölibat
Hummes ist Präsident des kirchlichen Panamazonien-Netzwerks REPAM und Generalrelator der Synode. Als solcher hat der Kardinal eine Schlüsselfunktion für die inhaltliche Arbeit. Das Bischofstreffen findet vom 6. bis 27. Oktober im Vatikan statt. Neben Theologie und Seelsorge soll es auch um die Belange der Indigenen, um Menschenrechte und Umweltschutz gehen. Auch die Frage der Priesterweihe für verheiratete Männer und neue Ämter für Frauen in der katholischen Kirche soll eine Rolle spielen.
In dieser Woche hatte der deutsche Kurienkardinal Walter Brandmüller das Programm der Amazonas-Synode scharf kritisiert. Eigentlich gehe es dort gar nicht um die lateinamerikanische Region, sondern um einen radikalen Umbau der Kirche nach dem Willen des Papstes und ein Infragestellen des Zölibats. mutmaßte der Kardinal. Ähnlich kritisch hatte sich auch der ehemalige Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, geäußert. Das dafür Vorbereitungs-Dokument für die Synode weise schwere theologische Mängel auf, schrieb er in der katholischen Wochenzeitung "Die Tagespost". Die Vorbereitungsgruppe bestehe zudem aus einer "geschlossenen Gesellschaft von absolut Gleichgesinnten", in der "überproportional viele meist deutschsprachige Europäer" vertreten seien. (gho/KNA)