Kardinal Marx verteidigt Papstrede gegen Kritik
Kardinal Reinhard Marx hat die Rede von Papst Franziskus zum Abschluss der Anti-Missbrauchskonferenz im Vatikan gegen Kritik verteidigt. "Ich kann nicht erkennen, dass das nur qualmiges, nebulöses Gerede war", sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz am Sonntag in Rom.
Die Rede sei "sehr konkret, sehr deutlich" gewesen. Der Papst habe in sieben Punkten seine Leitlinien dargestellt, die die Bischofskonferenzen nun in ihren Ländern umsetzen müssten. "Es darf nicht bei diesen vielen Vorschlägen bleiben, es muss konkret abgearbeitet werden. Und darum werde ich mich bemühen", sagte Marx.
Schuld der Kirche nicht relativiert
Auch habe der Papst die Schuld der Kirche nicht relativiert, indem er Missbrauch als gesamtgesellschaftliches Problem dargestellt habe. "Das heißt nicht, die Schande, die in der Kirche geschehen ist, in irgendeiner Weise zu relativieren. (...) Dass das von Priestern geschieht, ist sowas Ungeheuerliches, das darf nicht weggewischt werden."
Franziskus hatte am Sonntag ein Ende der Vertuschung und hartes Durchgreifen der Kirche gegen Missbrauch versprochen. Dazu hatte er mehrere Punkte genannt, um Missbrauch in Zukunft zu verhindern.
Die ersten Reaktionen zur Abschlussrede fielen ernüchternd bis vernichtend aus. Der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller nannte die Ansprache ein "Fiasko". "Es war eine vertane Chance (...) Es ist das Ende des Pontifikats in dem Sinne, dass Franziskus nicht als Reformpapst in die Geschichte eingehen wird, sondern als Bewahrer", so Schüller. Opfervertreter Matthias Katsch schrieb auf Twitter, die Rede sei "der schamlose Versuch, sich an die Spitze der Bewegung zu setzen, ohne sich der Schuld und dem Versagen zu stellen und wirkliche Veränderung anzugehen".
Zum Anti-Missbrauchsgipfel zog Marx ein positives Fazit. Nun seien besonders die Bischofskonferenzen in der Pflicht, Taten folgen zu lassen. Konkret nannte der Kardinal die Umsetzung von Leitlinien, die "dafür sorgen, dass kein einzelner Fall übersehen wird, dass die Opfer ihre Stimme haben". Ebenso wichtig sei achtsame Personal- und Priesterkandidatenauswahl, um mögliche Täter von vorneherein auszuschließen. "Dass das nicht mehr und nie wieder geschieht, ist unser Auftrag als Bischöfe", so der Münchner Erzbischof. Dann könne die Kirche auch mithelfen, wie sexueller Missbrauch von Kindern "überhaupt aus der Gesellschaft, wie der Papst gesagt hat, 'ausgemerzt' werden kann".
"Im konsequenten Umsetzen hapert es oft"
Die deutsche Kirche sah Marx in ihrer Arbeit bestätigt. Er räumte jedoch ein, es gebe immer die Gefahr, "große Worte zu machen, Predigten zu halten, auch gute Wünsche zu äußern; aber im konsequenten Umsetzen hapert es oft". Daher dürfe die Kirche nun nicht nachlassen.
Es liege in der Verantwortung der Bischofskonferenzen und auch der Bischöfe, "jedem Fall nachzugehen und keinerlei Verharmlosung, Vertuschung oder Relativierung dieses Verbrechens Raum zu geben", sagte Marx. Er betonte zudem, die Beobachtung der Öffentlichkeit und Mitwirkung anderer seien wichtig. Dazu zählte er Missbrauchsbeauftragte sowie das Gespräch mit Opfern und Opferverbänden. Nur so könne die Kirche Glaubwürdigkeit wiedergewinnen.
Dass am Ende des Gipfeltreffens keine gemeinsame Erklärung der Bischöfe stand, sei möglicherweise dem Zeitmangel geschuldet, da dafür eine Abstimmung nötig gewesen wäre. "Man kann von dieser Tagung nicht erwarten, dass am Ende Beschlüsse da sind", so der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz. Auch sein Vorschlag, das "Päpstliche Geheimnis" bei Missbrauchsfällen aufzuheben und kirchliche Verwaltungsgerichte zu schaffen, sei positiv aufgenommen worden.
Kein Zusammenhang zwischen Missbrauch und Zölibat
Marx wies zudem einen Zusammenhang zwischen Missbrauch und der Ehelosigkeit der Priester zurück. Eine solche Verbindung herzustellen, sei Spekulation, da es keine wissenschaftlich begründeten Zahlen dazu gebe, sagte er. "Wir haben festgestellt und die Studie hat es bestätigt: Es gibt keinen direkten Zusammenhang", so der Münchner Kardinal mit Blick auf die von den deutschen Bischöfen in Auftrag gegebene Untersuchung. Es müsse dennoch die Diskussion darüber angeregt werden, wie die Lebensform des Priesters in der Zukunft aussehen solle.
Zu einem möglichen Zusammenhang zwischen Homosexualität und sexuellem Missbrauch in der Kirche sagte Marx, die Ursachenforschung für sexualisierte Gewalt allgemein sei Aufgabe der Wissenschaft. Die Bischöfe müssten schauen, wo es "spezifisch katholische Versuchungen oder Gefährdungen" gebe. Machtmissbrauch nannte Marx dabei als eine der Ursachen - "andere Punkte gehören dazu, die Ausbildung und viele andere Dinge, auch Sexualmoral, wir haben das ja in Deutschland in unserer Studie und auch im Auftrag an die Bischofskonferenz gefasst, aber ich glaube, da sind wir noch nicht am Ende, da wird man weiter breit diskutieren", so der Münchner Erzbischof. (tmg/dpa/KNA)
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