Katholische Gemeinschaft "Das Werk" ließ Missbrauchs-Film sperren
Die Einstweilige Verfügung gegen eine Arte-Dokumentation über den Missbrauch an Ordensfrauen durch Geistliche geht auf eine Klage eines Priesters der katholischen Gemeinschaft "Das Werk" zurück. Der Sprecher in der Zentrale des "Werks" in Bregenz, Pater Georg Gantioler, erklärte auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Freitag, ein Rechtsanwalt der Gemeinschaft habe eine richterliche Verfügung gegen den Sender, die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" und das Deutschlandradio erwirkt.
Erstmals Anfang März ausgestrahlt
Die Dokumentation "Gottes missbrauchte Dienerinnen" war Anfang März erstmals bei Arte zu sehen. Im Zentrum steht der 2006 gestorbene Dominikaner und Gründer der Frauengemeinschaft "Congregation Saint-Jean", Marie-Dominique Philippe. Er soll über mehrere Jahre Ordensfrauen missbraucht haben. Darüber hinaus wird berichtet, dass Priester in aller Welt Ordensfrauen erpresst und vergewaltigt hätten. Der Film hatte weltweit Empörung ausgelöst. Zweieinhalb Millionen Menschen hatten die Erstsendung am 3. März in Frankreich und Deutschland gesehen. Damit erzielte der Sender in beiden Ländern ein Vielfaches seines üblichen Marktanteils.
Eine Protagonistin der Doku, Doris Wagner, erhebt unter anderem den Vorwurf, als damaliges Mitglied des "Werks" von dem betreffenden Priester während der Beichte sexuell bedrängt worden zu sein. Dazu sagte Gantioler, der des Übergriffs bezichtigte Priester sei "schuldlos" in dem Sinn, dass sein Verhalten "keine sexuelle Konnotation" gehabt habe. Er habe Wagner lediglich nach der Beichte "an der Wange berührt als Zeichen des Trostes". Mitgefühl auf diese Weise zum Ausdruck zu bringen sei in Italien "durchaus üblich", so Gantioler.
Die "Süddeutsche Zeitung" hatte zunächst berichtet, gegen weitere Ausstrahlungen der Doku habe eine Person geklagt, die sich in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt sah. Das Landgericht Hamburg erließ daraufhin vergangene Woche eine Anweisung, nach der eine weitere Verbreitung der Dokumentation verboten ist. Eine Arte-Sprecherin kündigte Widerspruch gegen den Beschluss an. Der Sender halte die Entscheidung aus formalen und sachlichen Gründen für falsch.
Der Widerspruch steht weiter aus. Beim zuständigen Landgericht Hamburg war bis Freitag kein entsprechendes Dokument eingegangen, wie eine Sprecherin auf Anfrage der KNA mitteilte. Arte erklärte am Nachmittag in Straßburg, der Sender prüfe alle rechtlichen Möglichkeiten gegen das Ausstrahlungsverbot. Weiter wolle man sich zur Zeit nicht äußern.
Kirchenrechtliche Untersuchung
Bereits 2012 hatte Doris Wagner einen anderen Geistlichen des "Werks" wegen Vergewaltigung angezeigt; dessen Mitbruder habe sie bei einer Beichte bedrängt mit den Worten: "Ich weiß, dass Sie mich lieben", und versucht, sie zu küssen. Laut Wagner wurde der in der Glaubenskongregation tätige Priester 2014 von seinen Vorgesetzten verwarnt und "ermahnt, künftig mit Klugheit und Bedacht zu handeln". Die Apostolische Signatur untersucht den Vorfall derzeit kirchenrechtlich. (gho/KNA)
29.4., 11 Uhr: Die KNA hatte einige Aussagen des Sprechers nicht korrekt wiedergegeben. Diese wurden nun korrigiert/präzisiert.