Kirchen fordern: Totengedenken statt vorgezogener Advent
Vertreter der beiden großen Kirchen in Deutschland stören sich an den mancherorts besonders frühen Weihnachtsmärkten. "Uns als gläubigen Christen ist es wichtig, bei all der Markttreiberei darauf hinzuweisen, dass Weihnachten nicht irgendeine kulturelle Lichtfeier am Jahresende ist, sondern das Fest der Geburt Jesu", sagte der Pressesprecher des Bistums Essen, Ulrich Lota. Er habe den Eindruck, viele Menschen spürten, dass der November als der von der Totenerinnerung geprägte Monat für Weihnachtsfeiern zu früh sei. "Gut besucht kommen mir sehr frühe Adventsmärkte jedenfalls nicht vor. Alles hat seine Zeit - und das Leben ist nicht 365 Tage im Jahr nur Party."
Lota weiter: "Wir wollen gar nicht die Spielverderber sein, die sich alle Jahre wieder gegen zu frühe Weihnachtsmärkte aussprechen." Die Märkte seien jedoch vor allem ein Marketinginstrument, um Menschen in die City zu locken.
Adventszeit verliert das Besondere
Andreas Duderstedt, Pressesprecher der Evangelischen Kirche von Westfalen, sagte: "Die Vorfreude auf das Besondere, das regelmäßig wiederkehrt, der Unterschied zwischen Alltag und Festtag, Arbeit und Entspannung, fröhlichem Feiern und stillem Gedenken - das ist wohltuend für alle." Diesem Grundgedanken folge auch das Kirchenjahr. "Wenn die Adventszeit immer mehr ausgeweitet wird, verliert sie das Besondere. Sie wird alltäglich."
Kritik gab es auch vom Verband der Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung (KKV). Die Auseinandersetzung mit der Endlichkeit des Lebens bestimme eigentlich den November mit Tagen wie Allerheiligen, Allerseelen, Totensonntag und Volkstrauertag, sagte der Vorsitzende des KKV-Landesverbandes Bayern, Klaus-Stefan Krieger. Indem jedoch das Weihnachtsgeschäft in diese Zeit vorgezogen werde, werde dieses ernste Thema überspielt. Christen sollten, so Krieger, dem entgegenwirken, indem sie die Erinnerung an die Verstorbenen betonen.
In vielen Städten eröffnen die Weihnachtsmärkte nach wie vor erst nach dem Christkönigssonntag. So geht es am Montag beispielsweise in Frankfurt, Berlin, Potsdam, Hamburg, Bielefeld, Lübeck oder auch am Kölner Dom los. In München am Marienplatz beginnt der Budenzauber einen Tag später, ebenso in Erfurt. Im Laufe der kommenden Woche gesellen sich dann viele berühmte Weihnachtsmärkte hinzu, etwa in Stuttgart, Dresden, Hannover und Mainz. Der Nürnberger Christkindlesmarkt beginnt sogar erst Ende kommender Woche (30. November).
Wo es besonders früh losging
Schon seit diesem Donnerstag sind aber zum Beispiel in Freiburg, Bochum und Dortmund die Weihnachtsmärkte geöffnet. Auch in der größten Stadt der Schweiz, in Zürich, ist es bereits seit Donnerstag am Hauptbahnhof und vor dem Opernhaus soweit ("Wienachtsdorf am Bellevue"). Noch früher, nämlich mehr als zwei Wochen vor dem Ersten Advent, ging es in Essen los (16. November) - so früh wie noch nie. Auch der Wiener Weihnachtstraum auf dem Rathausplatz startete schon vergangenen Freitag.
Doch das lässt sich noch toppen: In Klagenfurt in Kärnten gab es ein "Glühweinopening" schon am 8. November, der Christkindlmarkt startete dann am 17. November. In Berlin eröffnete die "Winterwelt am Potsdamer Platz" mit Rodelbahn und alpenländischen Hütten bereits am 2. November. Noch früher, am 18. Oktober, bei spätsommerlichen fast 20 Grad, wurde in Franken das "Bayreuther Winterdorf" eröffnet. Damals hieß es stolz, man sei wieder einmal der erste Weihnachtstreff "in ganz Deutschland und sicher auch in Europa". Noch bis Silvester können Besucher dort verschiedene Glühwein- und Punschsorten probieren. (tmg/dpa)