Mariä Himmelfahrt: Der Feiertag, der Bayern spaltet
Mariä Himmelfahrt ist ein ganz besonderer Feiertag – vor allem in Bayern. Denn dort sorgt das Landesgesetz über den Schutz der Sonn- und Feiertage für ein bundesweit einmaliges Kuriosum. Mariä Aufnahme in den Himmel, wie der Tag offiziell heißt, ist laut Artikel 1, Absatz 2 des Gesetzes nur in bayerischen Gemeinden "mit überwiegend katholischer Bevölkerung" ein Feiertag. In Gemeinden, wo die Protestanten die Mehrheit der Bevölkerung stellen, wird dagegen ganz normal gearbeitet.
Die Konsequenzen dieser Regelung kann man beispielhaft an den beiden Großstädten München und Nürnberg ablesen. In der Landeshauptstadt ist Mariä Himmelfahrt ein arbeitsfreier Feiertag, in der fränkischen Großstadt dagegen müssen die Menschen aufgrund der mehrheitlich protestantischen Bevölkerung arbeiten (wer in München wohnt und in Nürnberg arbeitet, hat übrigens Pech gehabt, denn das Feiertagsrecht besagt, dass der Arbeits- und nicht der Wohnort entscheidend ist). Eine Ausnahme gilt nur für die Schulen im Freistaat, die unabhängig von der konfessionellen Prägung der Gemeinden am 15. August alle geschlossen bleiben – wenn nicht ohnehin gerade Sommerferien sind.
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Maria ist die Mutter Jesu. Der Tag, an dem sie starb, ist für uns Christen ein ganz besonderer. An Mariä Himmelfahrt erinnern wir uns daran, wie sie gestorben und in den Himmel gekommen ist. (Artikel von August 2018)Maßgeblich für die Frage, ob Mariä Himmelfahrt in einer Gemeinde Feiertag ist oder nicht, sind die Ergebnisse der jüngsten Volkszählung. Seit 2014 basiert die Feiertagsregelung auf den Resultaten des Zensus von 2011. Oder, wie es beim Bayerischen Landesamt für Statistik offiziell heißt: "Die rechtlich tragfähige einheitliche Feststellung der Religionszugehörigkeit durch den Zensus 2011 ist seit dem Jahr 2014 maßgebend dafür, in welchen Gemeinden Bayerns 'Mariä Himmelfahrt' ein gesetzlicher Feiertag ist."
In 1.704 Gemeinden ist Mariä Himmelfahrt ein Feiertag
Bei einer neuen Volkszählung könnte es künftig also durchaus passieren, dass einige Gemeinden und ihre Bewohner den Feiertag verlieren oder gewinnen – je nachdem, ob die Zahl der Katholiken seit der letzten Zählung gesunken oder gestiegen ist. 2014 etwa verloren drei bayerische Kommunen den Feiertag, während sieben andere ihn neu bekamen.
Da Bayern aber immer noch überwiegend katholisch geprägt ist, kommt die große Mehrheit der Bevölkerung in den Genuss des Feiertags. Der Zensus hatte vor acht Jahren ergeben, dass in 1.704 bayerischen Gemeinden die Mehrheit der Menschen der katholischen Kirche angehört. Die restlichen 352 Gemeinden haben dagegen eine überwiegend evangelische Prägung und profitieren somit nicht von einem arbeitsfreien Tag. Geografisch liegen diese Gemeinden allesamt im Norden des Freistaats; vor allem in den Regierungsbezirken Oberfranken und Mittelfranken müssen die Menschen am 15. August mehrheitlich ganz normal zur Arbeit gehen.
Das bedeutet allerdings nicht, dass Katholiken in diesen Regionen auf Mariä Himmelfahrt und den dazugehörigen Gottesdienst gänzlich verzichten müssten – denn der Gesetzgeber hat ein Schlupfloch gelassen. In Artikel 4 des Feiertagsgesetzes heißt es unter der Überschrift "Schutz des Festes Mariä Himmelfahrt, soweit es nicht gesetzlicher Feiertag ist, und des Buß- und Bettages": "Den bekenntniszugehörigen Arbeitnehmern sämtlicher öffentlichen und privaten Betriebe und Verwaltungen steht das Recht zu, von der Arbeit fernzubleiben."
Katholische Gottesdienste sind besonders geschützt
Eine Ausnahme gilt allerdings für "Arbeiten, welche nach den Bestimmungen der Gewerbeordnung auch an gesetzlichen Feiertagen vorgenommen werden dürfen, und für solche Arbeiten, die zur Aufrechterhaltung des Betriebs oder zur Erledigung unaufschiebbarer Geschäfte bei den Behörden notwendig sind." Einfach zu Hause bleiben dürfen betroffene Katholiken also nicht, notwendige Arbeitsabläufe in den Unternehmen haben Vorrang. Wer trotzdem frei haben möchte, muss diesen Wunsch laut Arbeitsrechtlern im Vorfeld mit seinem Arbeitgeber besprechen – und ist auf dessen Entgegenkommen angewiesen. Zudem müssen Katholiken, die nach einer entsprechenden Absprache in mehrheitlich protestantischen Gemeinden tatsächlich frei machen, laut Gesetz in jedem Fall einen "etwaigen Lohnausfall" als Nachteil akzeptieren.
Besonders geschützt sind dagegen die katholischen Gottesdienste selbst. Im Gesetz heißt es in Artikel 4, Absatz 1 unmissverständlich: "Während der ortsüblichen Zeit des Hauptgottesdienstes von 7.00 Uhr bis 11.00 Uhr sind alle vermeidbaren lärmerzeugenden Handlungen in der Nähe von Kirchen und sonstigen zu gottesdienstlichen Zwecken dienenden Räumen und Gebäuden verboten, soweit diese Handlungen geeignet sind, den Gottesdienst zu stören."
Der Artikel erschien erstmals am 15. August 2019.