Mehr Hilfe für Suizidgefährdete
Bislang sei die Online-Beratung auf Spenden und Eigenmittel des Wohlfahrtsverbands angewiesen. Junge Menschen nähmen klassische Beratungsangebote kaum an und suchten meist online nach Unterstützung, begründete Peter Neher die Initiative seines Verbands. Unter www.u25-deutschland.de können Jugendliche mit Suizidgedanken mit einer verschlüsselten Mail anonym um Hilfe bitten.
Die derzeit 130 jugendlichen Online-Berater werden von Sozialpädagogen in Berlin, Dresden, Freiburg, Gelsenkirchen und Hamburg begleitet. Ab 2016 sind weitere Standorte in Biberach, Dortmund und Paderborn geplant. Im vergangenen Jahr hatten die Berater nach Caritas-Angaben Kontakt mit 864 Jugendlichen.
10.000 Suizid-Opfer pro Jahr
Nach Nehers Angaben nehmen sich bundesweit jährlich rund 600 junge Menschen unter 25 Jahren das Leben. Zugleich steigt die Suizidrate unter älteren Menschen deutlich an. Laut der Deutschen Stiftung Patientenschutz sind 45 Prozent der jährlich 10.000 Suizid-Opfer 60 Jahre oder älter. Diese Gruppe mache jedoch an der Gesamtbevölkerung nur einen Anteil von 27 Prozent aus, erklärte Stiftungsvorstand Eugen Brysch gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Zugleich kritisierte er, dass "bei der Suizidprophylaxe im Alter keine Verbesserung in Sicht" sei, während die Bundesregierung zugleich einen Ausbau der Hospiz- und Palliativarbeit plane. Das Thema Suizid sei in Deutschland tabuisiert und mit vielen Vorurteilen behaftet.
Linktipp: Morgen bringe ich mich um
Lisa sitzt vor dem Computer. Sie schreibt eine Nachricht. Deren Empfänger kennt sie nicht. Er benutzt einen Fantasienamen. Auch seine E-Mail-Adresse oder sein Wohnort sind ihr unbekannt. Lisa weiß nur eines: der Empfänger ihrer Nachricht sucht Hilfe. - In Freiburg beantworten junge Erwachsene Mails von Jugendlichen mit Suizidgedanken.Forderungen der Parteien gehen auseinander
Die Bundestagsfraktion der Grünen forderte, zur Verhinderung von Suiziden das psychotherapeutische Angebot auszubauen. "Menschen in Krisen ist es nicht zumutbar, monatelang auf einen Therapieplatz zu warten oder die Behandlungskosten vorzustrecken", hieß es in einer Mitteilung am Mittwoch. Die Fraktion schlug vor, ambulante Krisendienste auszubauen. Älteren Menschen müsse eine Behandlung in ihren eigenen vier Wänden ermöglicht werden.
Einen Rechtsanspruch auf professionelle Hilfe zum Suizid, wie er in der Sterbehilfe-Debatte des Bundestags diskutiert wurde, lehnte der CDU-Bundestagsabgeordnete Hubert Hüppe ab: "Selbst wenn solch ein Rechtsanspruch auf unheilbare körperliche Erkrankungen beschränkt wäre, würde er die gesellschaftliche Akzeptanz des Suizids dokumentieren", sagte Hüppe.
Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) verwies darauf, dass Asylbewerber und Flüchtlinge ein erhöhtes Suizidrisiko hätten. So litten sie zehnmal häufiger als der Durchschnitt der Gesamtbevölkerung unter posttraumatischen Belastungsstörungen. Auch Angstzustände und Depressionen träten gehäuft auf. Die DGPPN forderte, Flüchtlingen über Krisen hinaus Zugang zu psychotherapeutischer Behandlung zu geben. (kim/KNA/dpa)