Jesuitenpater über ein System des Schweigens

Mertes: Parallelen von #MeToo und Kirchenskandal

Veröffentlicht am 12.02.2018 um 16:00 Uhr – Lesedauer: 
Mertes während einer Podiumsdiskussion Ende August 2013 in Berlin
Bild: © KNA
Missbrauch

München ‐ Hollywood und die katholische Kirche haben auf den ersten Blick nicht viel gemeinsam. Beim Thema Vergewaltigung und Missbrauch sieht das jedoch anders aus, sagt der Jesuitenpater Klaus Mertes.

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Der Jesuitenpater Klaus Mertes sieht Parallelen zwischen der #MeToo-Debatte und dem Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche. "Es geht nie um das Verbrechen eines Einzelnen. Es gibt immer ein zuschauendes System", sagte Mertes der "Süddeutschen Zeitung" (Montag). Er rief dazu auf, die Angst vor dem kritischen Blick auf sich selbst zu verlieren. "Jeder, der Teil eines solchen Systems geworden ist, muss sich fragen, warum habe ich das nicht gemerkt? Oder warum habe ich geschwiegen?"

Der Pater sprach zugleich von Unterschieden zwischen der #MeToo-Bewegung und den Skandalen in der katholischen Kirche: "Für die Kinder und Jugendlichen ist oft nicht erkennbar, was mit ihnen geschieht; viele schützen erst einmal die Täter." Das sei "natürlich" anders, wenn ein Mann eine erwachsene Frau vergewaltige.

Mertes: Über Macht und Gewalt redet niemand von allein

Zum Problem sexualisierte Gewalt sagte Mertes weiter: "Das ist ein gesellschaftliches Thema. Aber es ist nicht in der Gesellschaft angekommen." Über Macht und Gewalt rede niemand von allein. Der Jesuitenpater betonte, die Skandale hätten auch zu positiven Effekten geführt, etwa einer erhöhten Sensibilisierung: "Kinder und Jugendliche trauen sich eher als früher, erlebte Gewalt anzusprechen, nicht nur sexualisierte Gewalt."

Mertes hatte 2010 als damaliger Leiter der Berliner Jesuitenschule Canisius-Kolleg öffentlich gemacht, dass Schüler durch Geistliche sexuell missbraucht worden waren. Damit wurde der Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche und weiteren Einrichtungen wie Schulen und Sportvereinen bekannt. (KNA)