Missbrauch durch Erzbischof: Klage gegen Vatikan eingereicht
Der Heilige Stuhl und der Vatikan werden in einem neuen Prozess gegen den ehemaligen Erzbischof von Agaña als Beklagte benannt. Den am Montag eingereichten Gerichtsdokumenten zufolge, die den Pacific Daily News vorliegen, erhebt der Neffe des vormaligen Erzbischofs wegen eines Missbrauchs in den Amtsräumen des Erzbistums Klage. Ex-Erzbischof Anthony Apuron habe den damals Jugendlichen Ende der 1980er Jahre in einem Badezimmer vergewaltigt.
Mark Apuron, der Neffe des Erzbischofs, äußerte sich gegenüber der Guam Daily Post zu seinen Vorwürfen. Er habe lange geschwiegen und erst nach dem Bekanntwerden weiterer Fälle den Mut gefasst, selbst an die Öffentlichkeit zu gehen und das Gerichtsverfahren anzustrengen. Neben dem ehemaligen Erzbischof selbst richtet sich die Klage unter anderem gegen den Heiligen Stuhl und den Vatikanstaat sowie deren Vertreter und die Kapuzinerprovinz, der Anthony Apuron angehört. Dass auch der Heilige Stuhl zu den Beklagten gehört, wird damit begründet, dass Apuron "zu allen einschlägigen Zeiten Angestellter des Heiligen Stuhls" und als solcher direkt durch den Papst ernannt worden sei.
Berufungsverfahren gegen vatikanischen Schuldspruch läuft noch
Im März 2018 hatte die Glaubenskongregation Apuron aufgrund mehrerer Fälle von Missbrauch verurteilt, ohne Einzelheiten zu den Fällen bekannt zu machen. Apuron soll aufgrund des Urteils seinen Titel als Erzbischof verlieren, außerdem wird ihm ein Aufenthaltsverbot in seiner ehemaligen Diözese auferlegt. Das Gericht wurde geleitet durch den ehemaligen Vorsitzenden des obersten Kirchengerichts, Kardinal Raymond Burke. Der amerikanische Kurienkardinal war von 2008 bis 2014 Präfekt des obersten Gerichts, der Apostolischen Signatur, und gehört ihm seit 2017 wieder als Richter an.
Das kirchliche Urteil gegen Apuron ist noch nicht rechtskräftig. Der vormalige Erzbischof beharrt auf seiner Unschuld und hat Berufung eingelegt. Über den Stand des Berufungsverfahrens gibt es keine aktuellen Informationen. Bereits 2016 hatte Papst Franziskus den damaligen Erzbischof aufgrund der Vorwürfe beurlaubt und den Detroiter Weihbischof Michael Byrnes zum Koadjutorbischof Agañas mit besonderen Vollmachten zur Leitung der Diözese ernannt.
Unter anderem aufgrund der im vatikanischen Prozess verhandelten Fälle laufen vor den staatlichen Gerichten Guams weitere Prozesse. Im November hatte das Erzbistum angekündigt, aufgrund der erwarteten Schadensersatzzahlungen in über 200 Fällen Insolvenz anzumelden. Das Gebiet der Insel Guam bildet das Erzbistum Agaña. 85 Prozent der gut 170.000 Einwohner sind katholisch. Politisch gehört die im Süden des Marianen-Archipels im Westpazifik gelegene Insel den USA als nichtinkorporiertes Territorium an. Seit 1994 haben 20 US-Bistümer Insolvenz angemeldet. (fxn)