Weiter Kritik vor Anti-Missbrauchsgipfel im Vatikan

Missbrauchsopfer: Papst will nicht handeln

Veröffentlicht am 20.02.2019 um 11:00 Uhr – Lesedauer: 

Rom ‐ Morgen beginnt im Vatikan das Treffen zur Bekämpfung von Missbrauch. Mehrfach hat Papst Franziskus betont, den Kinderschutz in der Kirche entschieden vorantreiben zu wollen. Doch genau das zweifeln Missbrauchsopfer nun an.

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Barbara Dorris, langjährige Geschäftsführerin eines US-Netzwerks von Missbrauchsopfern (SNAP), hat Papst Franziskus mangelnden Handlungswillen bei der Bekämpfung von Missbrauch in der Kirche vorgeworfen. "Der Papst hat die Macht, heute etwas zu ändern. Er hat entschieden - entschieden, nicht zu handeln", sagte sie am Dienstagabend bei einer Pressekonferenz in Rom. Organisator der Veranstaltung zur Sicht von Frauen auf Missbrauch in der katholischen Kirche war die internationale Frauenorganisation Voices of Faith.

Dorris forderte das Kirchenoberhaupt auf, Täter öffentlich aus ihren Ämtern zu entheben und ebenso öffentlich zu machen, wer ihre kriminellen Taten decke. "Er sollte ihnen ihre Titel, ihr Gehalt und ihren Job nehmen." Den von Papst Franziskus für Donnerstag bis Sonntag einberufenen weltweiten Anti-Missbrauchsgipfel im Vatikan bezeichnete sie als "PR-Aktion".

Die deutsche Wissenschaftlerin Regina Franken-Wendelstorf sagte, die Kirche müsse ihre Sicht auf Vergewaltigung und sexuelle Belästigung ändern: "Es ist keine Sünde, sondern eine kriminelle Tat." Bischöfe müssten sehen, dass sie "nicht Teil der Lösung sind, sondern des Problems".

Katsch: Sind nicht als Dekoration hier

Doris Wagner, deutsche Theologin, Autorin, ehemaliges Ordensmitglied und Opfer sexuellen Missbrauchs, forderte Gewaltenteilung und unabhängige Anlaufstellen der Kirche für Missbrauchsopfer. Das Kirchenrecht müsse ein "demokratischer Prozess" sein. Laut Wagner sind zudem weltweit unabhängige Studien zu sexueller Gewalt und Belästigung von Frauen in der Kirche notwendig. Auch wenn einige Kirchenvertreter inzwischen "diese Art der Sünde der Kirche erkannt haben könnten", werde es sicher noch ein langer Weg sein, bis sich in der Praxis etwas ändere.

Zuvor hatte auch schon Matthias Katsch von der Opferschutzorganisation "Eckiger Tisch" Kritik geübt, weil er und andere Opfervertreter nicht gemeinsam zu einem Treffen mit den Organisatoren des Gipfels dürften. "Es stört uns und wir werden es nicht akzeptieren, dass nur ausgewählte Vertreter zu dem Treffen sollen", sagte Katsch am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. "Wir sind nicht als Dekoration hier." Er forderte zudem ein Treffen der Opfer mit dem Papst.

Kurzfristig wurde bekannt, das sich die Organisatoren des Treffens am Mittwochmittag auch mit Vertretern von Opferverbänden treffen werden, wie im Vorfeld der Vatikan-Konferenz gefordert. Ob sie tatsächlich zustande kommen würde, war lange unklar. An dem Treffen in einem kirchlichen Haus nahe des Petersplatzes nehmen sämtliche Mitglieder des Organisationskomitees sowie zahlreiche Opfer von Missbrauch teil. Papst Franziskus ist hingegen nicht anwesend.

Am Treffen zu Kinderschutz und Missbrauch im Vatikan nehmen die Vorsitzenden aller Bischofskonferenzen, einschließlich unierter Ostkirchen, sowie 22 männliche und weibliche Ordensobere teil. Außerdem die Leiter von 14 Vatikan-Behörden sowie Missbrauchsopfer aus allen Erdteilen. (bod/KNA/dpa)

20.02.2018, 12.00 Uhr: ergänzt um die Informationen zum Treffen zwischen den Organisatoren des Gipfels und Opfern. /rom