Israels Ministerpräsident beklagt Christenverfolgung

Netanjahu: Wir beschützen das christliche Volk und seine Stätten

Veröffentlicht am 15.10.2018 um 12:25 Uhr – Lesedauer: 

Jerusalem ‐ Sie würden in ihren Rechten eingeschränkt, unter Druck gesetzt und verfolgt: Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu prangert die Lage der Christen im Nahen Osten an – verbunden mit einem Versprechen.

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Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat die Lage der Christen in Nahost beklagt. "In den Gebieten der palästinensischen Behörde wie auch im gesamten Nahen Osten werden Christen in ihren Rechten eingeschränkt, unter Druck gesetzt oder sogar verfolgt", sagte Netanjahu laut Mitteilung des Regierungspressebüros am Sonntagabend bei einem viertägigen christlichen Mediengipfel in Jerusalem. Israel sei das einzige Land, das die Menschenrechte aller schütze, einschließlich Juden, Christen und Muslimen.

Christliche Gemeinschaft wächst und gedeiht

In Israel herrsche eine für Christen in Nahost ungewöhnliche Situation, da einzig hier die christliche Gemeinschaft wachse und gedeihe, sagte Netanjahu. Israel beschütze nicht nur christliche Heilige Stätten, sondern "das christliche Volk".

Der palästinensischen Autonomiebehörde warf der Ministerpräsident vor, Christen nicht ausreichend zu schützen. "Bethlehem hatte, als wir es der palästinensischen Behörde übergaben, eine christliche Bevölkerung von rund 80 Prozent", so Netanjahu. Heute liege der Anteil durch rechtliche Einschränkungen, Unterdrückung und Verfolgung nur noch bei 20 Prozent.

Der Bürgermeister von Bethlehem, Anton Salman, hat indessen die Vorwürfe Netanjahus zurückgewiesen. Die Aussage sei "ein weiterer israelischer Versuch, die Realität der israelischen Besatzung und insbesondere der Auswirkung zu verzerren, die die israelische Politik seit 1948 auf die palästinensische christliche Gemeinschaft hat", sagte er in einer Stellungnahme von Montag.

Bürgermeister von Bethlehem widerspricht

Netanjahus Aussagen seien "voller historischer Ungenauigkeiten". Salman warf dem Ministerpräsidenten vor, Christen für eine antiislamische Rede zu missbrauchen. Der Rückgang der Christen in Bethlehem sei ein Resultat der israelischen Vertreibung (Nakba) von 1948 sowie der anhaltenden israelischen Siedlungspolitik. Auch in Jerusalem sei die Zahl der Christen von 31.000 im Jahr 1948 auf heute 12.000 zurückgegangen.

Die Kirchenführer in Jerusalem sowie den Vatikan rief Salman auf, gegen den Einsatz von Religion für politische Zwecke die Stimme zu erheben. Die Bibel dürfe nicht länger zur Rechtfertigung von Verbrechen und Rechtsverletzungen missbraucht werden.

Erst Ende September hatte auch der Vatikan mehr Schutz für die Christen im Nahen Osten gefordert. "Die internationale Gemeinschaft hat bei dieser Aufgabe versagt", sagte der Außenbeauftragte des Heiligen Stuhls, Erzbischof Paul Gallagher, bei der UN-Vollversammlung in New York. Die seit Jahren auftretende Gewalt durch extremistische Muslime und die staatliche Diskriminierung gegen Christen seien keine religiöse Angelegenheit, so der Geistliche. Vielmehr gehe es um grundlegende Menschenrechte. (tmg/KNA)