Papst-Diplomat will bei Hochschullehrern "katholische Meinung" sehen

Nuntius Eterovic: Wucherpfennig sollte den Katechismus lesen

Veröffentlicht am 26.10.2018 um 12:33 Uhr – Lesedauer: 

Berlin ‐ Katholische Professoren "müssen sich danach richten, was die Kirchenlehre sagt, und die ist zum Beispiel nachzulesen im Katechismus": Nuntius Nikola Eterovic äußert scharfe Kritik an Jesuiten-Rektor Ansgar Wucherpfennig. Außerdem nimmt er Stellung zur Kirche in Deutschland: Deren "Imageproblem" sei lediglich mediengemacht.

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Der Apostolische Nuntius in Deutschland, Erzbischof Nikola Eterovic, hat sich in die Debatte um Pater Ansgar Wucherpfennig eingeschaltet und Kritik an den Aussagen des Rektors der katholischen Hochschule Sankt Georgen zum Umgang der Kirche mit Homosexuellen geäußert. Wucherpfennigs positive Aussagen zur Homosexualität seien dessen "persönliche Meinung", sagte Eterovic am Freitag in einem Interview der "Herder Korrespondenz". "Hochschullehrer brauchen aber eine katholische Meinung", so der Nuntius.

Debatte um Aussagen zur Homosexualität

Wucherpfennig war im Februar für eine dritte Amtszeit als Rektor von Sankt Georgen wiedergewählt worden. Der Vatikan erteilte ihm bislang jedoch nicht die erforderliche Unbedenklichkeitserklärung ("Nihil obstat"), weil sich der Geistliche in einem Interview kritisch zum Umgang der Kirche mit Homosexuellen geäußert hatte. Die Verweigerung der Unbedenklichkeitserklärung hatte eine kontroverse Debatte ausgelöst und der Kurie aus Deutschland viel Kritik eingebracht. Laut einem unbestätigten Medienbericht ist der Vatikan inzwischen bereit, grünes Licht für Wucherpfennig zu geben, wenn der Generalobere des Jesuitenordens, die Verantwortung für die "Rechtgläubigkeit" Wucherpfennigs übernimmt.

Bild: ©KNA/Harald Oppitz

Die fehlende Unbedenklichkeitserklärung für Pater Ansgar Wucherpfennig sorgt in der katholischen Kirche seit Wochen für Diskussionen.

Eterovic sagte, dass Professoren, die in einer katholischen Einrichtung lehren wollten, gefordert seien, die akademische Wissenschaft mit der Lehre der katholischen Kirche zu vereinbaren. "Sie müssen sich danach richten, was die Kirchenlehre sagt, und die ist zum Beispiel nachzulesen im Katechismus", so der Nuntius, der mit Blick auf die Causa Wucherpfennig zugleich betonte, dass er dessen Interview, um das es in der aktuellen Debatte geht, nicht gelesen habe.

Mit Blick auf die Situation der katholischen Kirche in Deutschland widersprach Eterovic der These, dass die Kirche ein Imageproblem habe. Dies sei eher eine "partielle Wahrnehmung". "Die Massenmedien konzentrieren sich zu sehr auf die negativen Dinge in der Kirche, die ja leider auch existieren, wie etwa der sexuelle Missbrauch. Aber es passiert auch so viel Gutes", erklärte der Nuntius. Er glaube, dass die Menschen vor Ort ein viel positiveres Bild von der Kirche hätten, als dies gemeinhin angenommen werde.

Eterovic äußerte die Ansicht, dass es der katholischen Kirche in Deutschland insgesamt gut gehe. "Positiv ist, wie gut sie strukturiert und organisiert ist. Wie großzügig sie ist – die Katholiken in Deutschland geben jedes Jahr Hunderte von Millionen von Euro für die Kirchen in anderen Ländern, für die Armen, für die ganze Welt. Und wie sie den ökumenischen Dialog mit den Protestanten führt, das habe ich beim Lutherjubiläum selbst erfahren", so der Erzbischof. Problematisch sei jedoch die fortschreitende Säkularisierung in Deutschland, die sich auch in katholischen Einrichtungen zeige. "Manchem Krankenhaus, manchem Kindergarten, mancher katholischen Institution droht die kirchliche Identität abhanden zu kommen, einfach weil die Mitarbeiter dort oft gar keinen Kirchenbezug mehr haben", so Eterovic.

Themenseite: Missbrauch

2010 wurde erstmals eine größere Zahl von Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche in Deutschland bekannt. Seitdem bemüht sich die Kirche um eine Aufarbeitung der Geschehnisse. Bei ihrer Vollversammlung veröffentlichten die deutschen Bischöfe am 25. September 2018 eine Studie, die die Missbrauchsfälle im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz zwischen 1946 und 2014 dokumentiert.

Vor dem Hintergrund des Missbrauchsskandals in der Kirche rief der Nuntius alle Kirchenmitglieder zur Umkehr auf. Es reiche nicht aus, nur über Strukturreformen zu reden. "Laien, Priester, Ordensleute, Bischöfe und der Papst, wir alle sind berufen, Heilige zu werden. Das hat das Zweite Vatikanische Konzil deutlich unterstrichen. Wenn wir einfach alle in puncto Heiligkeit miteinander wetteifern, wird das Problem von selbst verschwinden. Heilige nämlich missbrauchen niemanden", zeigte sich Eterovic überzeugt.

Nuntius: Zölibat ist kein Tabu

Den Zölibat nannte der Nuntius "kein Tabu". Es gebe schon jetzt verheiratete Priester. Als Beispiele nannte er griechisch-katholische Geistliche in der Ukraine oder zum Katholizismus übergetretene verheiratete anglikanische Kleriker. Eterovic betonte, dass mit dem Zölibat "fraglos viele Probleme verbunden" seien; mit verheirateten Priestern seien jedoch andere Probleme verbunden. Eine Patentlösung in dieser Frage gebe es nicht. Diskutiert werden müsse, was das Beste für die Kirche sei. Persönlich plädierte Eterovic für die grundsätzliche Beibehaltung des Zölibats. Dieser habe "nicht nur eine lange Tradition, er hat auch eine tiefe Spiritualität und entspricht am besten dem Ideal Jesu Christi". (stz)