katholisch.de erklärt das Brauchtum in der Passionswoche

Ölbergspiele und Kreuzwege

Veröffentlicht am 09.04.2017 um 13:30 Uhr – Lesedauer: 
Ölbergspiele und Kreuzwege
Bild: © KNA
Ostern

Bonn ‐ Die Karwoche ist von besonderer Volksfrömmigkeit geprägt – sei es in Form von Ölbergspielen, Kreuzwegen oder Osterkrippen. katholisch.de stellt die wichtigsten Bräuche vor.

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Der Brauch, am Gründonnerstag und Karfreitag das Leiden und Sterben des Herrn in Gebeten, Liedern und Meditationen nachzuempfinden, stammt aus den Anfängen des Christentums. Bereits um das Jahr 400 versammelten sich in Jerusalem Christen am Ölberg. Sie gedachten betend und singend der Todesangst Jesu Christi. Um Mitternacht gingen sie zu der Stelle, an der er gefangen genommen wurde. Aus dem Brauch, den Leidensweg Jesu, die "Via Dolorosa" nachzugehen, entwickelte sich schon bald ein wahrer Pilger-Boom.

Wer einmal in Jerusalem war, nahm die vielfältigen Eindrücke mit in seine Heimat. So kamen bereits im Mittelalter Ölbergspiele auf. Es entstanden Kreuzwege – oft Bildstöcke, die an einer Kirche oder Kapelle endeten. Vor allem Franziskaner und Kapuziner förderten diese Art von Passionsfrömmigkeit. Unterstützt wurden sie dabei von den Todesangst-Christi-Bruderschaften. Im Laufe der Zeit wurden die Wege zwischen den einzelnen Kreuzwegstationen kürzer. Mittlerweile befinden sich die meisten Kreuzwege innerhalb von Kirchenräumen.

Das Leiden Christi nachspielen

Noch heute gibt es vor allem in bayrischen Franziskanerkirchen Ölberg- oder Passionsspiele. Mitglieder der Pfarrgemeinde übernehmen dabei verschiedene Rollen und spielen die Leidenszeit Christi nach. In der Zeit der Aufklärung geriet dieser Brauch fast in Vergessenheit, weil er nicht mehr dem damaligen Zeitgeist entsprach. Erhalten geblieben sind einige berühmte Passionsspiele, etwa in Oberammergau. Sie kurbeln auch heute noch den dortigen Tourismus an. Auch in anderen Orten - im Allgäu, in Tirol, Kärnten und der Steiermark - werden Passionsspiele aufgeführt. Die Passionsprozessionen am Palmsonntag, Gründonnerstag, Karfreitag oder Karsamstag, die in manchen Orten des Bistums Regensburg oder in der Stuttgarter Gegend auch heute noch zum religiösen und kulturellen Leben dazu gehören, haben hier ihren Ursprung.

Ein Schauspieler mit einer Dornenkrone und einem Kreuz, daneben andere Schauspieler in Straßenkleidung
Bild: ©KNA

Die Passionsspiele in Oberammergau gehören zu den berühmtesten ihrer Art.

Der Brauch der so genannten "Kreuztrachten" wird vor allem in Westfalen gepflegt und geht zurück auf das 17. Jahrhundert. Jesuiten hatten ihn in der Zeit der Gegenreformation in den Bischofsstädten Münster und Paderborn eingeführt. In Delbrück versammeln sich Jahr für Jahr am Karfreitag Tausende von Pilgern auf dem historischen Kirchplatz. Ein Mann stellt Jesus dar. Er trägt das fast 30 Kilo schwere Holzkreuz hinauf zur Kreuzkapelle. Traditionsgemäß predigt ein Jesuitenpater. Die Kreuzträger bleiben jedoch unerkannt. Menschen, die sich dafür bewerben, haben unterschiedliche Beweggründe. Einige wollen mit dem Tragen des Kreuzes ihren Glauben und ihre Verbundenheit mit Jesus vertiefen. Für andere ist es ein Akt der Buße oder der Dankbarkeit.

Auch in Menden im Sauerland finden von Gründonnerstag um 21 Uhr bis zum Karsamstag um sechs Uhr morgens stündlich Prozessionen statt. Auf der etwa zweieinhalb Kilometer langen Kreuzwegstrecke geht es von der Kirche vorbei an acht Stationen bis zum Mendener Bußkreuz und von dort aus wieder zurück. In manchen Gegenden stellten Gläubige in der Fastenzeit Vaterunser-Schnüre her. Am Aschermittwoch wurde ein Knoten in eine besondere Schnur geknüpft und ein Vaterunser gebetet. An jedem Tag kamen ein weiterer Knoten und ein zusätzliches Vaterunser dazu, bis am letzten Tag der Fastenzeit 40 Vaterunser gebetet wurden.

1. Kreuzweg-Station
2. Kreuzweg-Station
3. Kreuzweg-Station
4. Kreuzweg-Station
Galerie: 14 Bilder

Eine besondere Art der Passionsfrömmigkeit ist mit den "Heiligen Stiegen" verbunden. Kaiserin Helena hatte im vierten Jahrhundert eine Treppe aus Jerusalem nach Rom bringen lassen. Es soll sich dabei um die Treppe gehandelt haben, auf der Jesus der Überlieferung nach vor seiner Verurteilung hinaufgestiegen ist. Die 28 Stufen durften nur auf den Knien erklommen werden. Errichtet wurde die Heilige Treppe in Rom gegenüber der damaligen Papstresidenz. Nachbauten entstanden im Laufe der Jahrhunderte auch an anderen Orten, etwa auf dem Kalvarienberg in Bad Tölz oder auf dem Kreuzberg in Bonn. Dort steigen Gläubige Jahr für Jahr am Karfreitag empor – viele auf Knien. Auf jeder Treppenstufe wird inne gehalten und gebetet.

Osterkrippen sind wieder im Trend

Die Passionszeit wurde immer schon künstlerisch dargestellt, etwa durch Fenster- und Wandbilder mit der Leidensgeschichte Jesu Christi. Es gab auch – vor allem im 18. Und 19. Jahrhundert – Osterkrippen. Dieser Brauch, der dann wieder in Vergessenheit geriet, feiert mittlerweile vor allem in Bayern und in Österreich wieder sein Comeback. Krippenvereine und Pfarrgemeinden, aber auch Kindergärten und Schulen haben den schönen Passions- und Osterbrauch wieder zu neuem Leben erweckt. Einige Museen und Kirchen bieten Ausstellungen an, etwa die Maternkapelle in Bamberg. Gebaut werden bei der Osterkrippe Figuren und Szenen von Palmsonntag bis Ostermontag – angefangen vom Einzug Jesu auf dem Esel in Jerusalem bis zur Begegnung mit den Emmaus-Jüngern.

Von Margret Nußbaum