Ordensfrauen kritisieren Ausbeutung durch Priester
Katholische Ordensfrauen haben in der vatikanischen Tageszeitung "Osservatore Romano" scharfe Kritik an ihrer Ausbeutung durch Priester und Bischöfe geübt. Geistliche würden sie wie niedere Bedienstete behandeln, heißt es in einem Beitrag der aktuellen Frauenbeilage "Frauen, Kirche, Welt". Eine Schwester wird mit den Worten zitiert: "Hinter alldem steht leider immer noch die Auffassung, dass eine Frau weniger als ein Mann zählt, und vor allem, dass der Priester für die Kirche alles ist und eine Nonne nichts."
Eine andere Ordensfrau beklagt: "Ein Priester denkt, er könne sich erst von seiner Ordensfrau die Mahlzeit servieren lassen und sie danach allein in der Küche essen lassen." Als weiteres Beispiel werden Ordensfrauen genannt, die nach 30-jähriger Tätigkeit für eine kirchliche Institution erkrankt seien, ohne dass einer der Priester, die die Schwestern jahrelang bedienten, am Krankenbett erschienen sei.
Viele Bischöfe und Kardinäle in Rom lassen ihren Haushalt von Ordensfrauen führen
Der Vorwurf ist in Rom besonders brisant, weil sich viele Bischöfe und Kardinäle, aber auch rangniedere Geistliche ihren Haushalt von einer oder mehreren Ordensfrauen führen lassen. In einigen Fällen leben die Ordensfrauen auch unter einem Dach mit ihnen. In dem Osservatore-Romano-Artikel werden alle Ordensfrauen nur mit einem Decknamen zitiert.
Oftmals arbeiteten die Schwestern ohne Vertrag von morgens vor dem Frühstück bis spät abends, wenn der Haushalt aufgeräumt hinterlassen werde, für einen Bischof oder Pfarrer, heißt es in dem "Osservatore Romano"-Artikel weiter. Darunter leide oft auch das Gemeinschaftsleben der Schwestern.
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In dem Beitrag mit dem Titel "Die (fast) Gratis-Arbeit der Schwestern" wird auch beklagt, dass Ordensfrauen oft kein oder nur sehr wenig Geld für ihre Arbeit bekämen: "Eine Mitschwester stimmt in unserer Nachbarpfarrei die Lieder an und hält Vorträge in der Fastenzeit. Dafür sieht sie keinen Cent; aber wenn der Pfarrer kommt, um bei uns Messe zu feiern, will er 15 Euro", berichtet eine Schwester.
Verantwortung für die Zustände trügen jedoch nicht immer nur die Männer, stellt der Artikel fest. Oft seien es die eigenen Ordensleitungen, die eine adäquate Beschäftigung der Schwestern verhinderten. Ein Professor sei schockiert gewesen, weil eine sehr gute Studentin von ihrer Ordensleitung nicht die Erlaubnis erhielt, nach dem Lizenziat weiter zu studieren. Eine andere promovierte Theologin sei von einem auf den anderen Tag zu Wäscherei und Küchenarbeiten abgeordnet worden. Begründet werde dies oft damit, dass Ordensfrauen nicht stolz sein dürften. Dahinter stünden auch historische Gründe. Viele Ordensfrauen kämen aus Gemeinschaften, die entstanden seien, um den Armen zu dienen, erläutert eine Nonne. Daraus sei die Einstellung entstanden, man könne Ordensfrauen wie Bedienstete überall hinschicken.
Papst: Frauen keine Knechte
Unterdessen kritisierte Papst Franziskus anhaltenden Machismo auch in fortschrittlichen Gesellschaften sowie eine Knechtschaft von Frauen in der Kirche. Der "Osservatore Romano" veröffentlichte am Freitag ebenfalls das Vorwort des Papstes für ein Buch der spanischen Sozialwissenschaftlerin Maria Teresa Compte, das am 7. März erscheinen soll. Es trägt den Titel: "Zehn Dinge, die Papst Franziskus Frauen vorschlägt".
"Sogar in der Kirche gleitet die dienende Rolle, zu der jeder Christ aufgerufen ist, für Frauen manchmal in Knechtschaft ab." Es würden "Gewaltakte gegen Frauen konsumiert", schreibt Franziskus. "Sie werden Opfer von Misshandlung, Handel und Gewinnsucht sowie in Werbung und Unterhaltungsindustrie auf bloße Objekte reduziert." (tja/KNA)
2. März 2018, 16:30 Uhr: ergänzt um Papst Franziskus