Bisher geheime Akten ab 2020 zugänglich

Papst Franziskus öffnet Archive zu Pius XII.

Veröffentlicht am 04.03.2019 um 12:59 Uhr – Lesedauer: 
Papst Franziskus öffnet Archive zu Pius XII.
Bild: © KNA

Vatikanstadt ‐ Papst Pius XII. polarisiert noch heute: Hat er genug gegen die Nationalsozialisten getan? Bisher waren die Akten im Vatikanischen Geheimarchiv verschlossen – nun verfügte Papst Franziskus die Öffnung. Das könnte auch Auswirkungen auf den laufenden Seligsprechungsprozess haben.

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Papst Franziskus will in einem Jahr die Akten für die Amtszeit von Papst Pius XII. (1939-1958) freigeben. Die Dokumente der vatikanischen Archive sollten am 2. März 2020, dem 81. Jahrestag der Papstwahl Eugenio Pacellis, für die Forschung zugänglich gemacht werden, sagte Franziskus am Montag im Vatikan. Dies wird von der Forschung seit Jahren verlangt, um Aufschluss über die Haltung von Pius XII. angesichts des Holocausts zu bekommen. Öffentlich zugänglich sind bislang die Archive bis 1939, dem Ende der Amtszeit von Pius XI. (1922-1939).

Franziskus hatte wiederholt seine Bereitschaft bekundet, die Akten für die Forschung freizugeben, sobald deren Katalogisierung abgeschlossen sei. Die Arbeiten dazu laufen auf Wunsch seines Vorgängers Benedikt XVI. (2005-2013) bereits seit 2006. Wegen des langen Pontifikates von Pius XII. und wegen der Kriegsjahre sind aus seiner Amtszeit sehr viele Dokumente enthalten.

Am Montag empfing Franziskus die Mitarbeiter der Vatikanarchive unter der Leitung von Kurienbischof Sergio Pagano, um den Stand der Arbeiten zu erörtern. "Die Kirche fürchtet die Geschichte nicht, im Gegenteil, sie liebt sie und will sie noch mehr und besser lieben, so wie Gott dies tut", sagte Franziskus. "Daher öffne ich mit dem gleichen Vertrauen wie meine Vorgänger dieses dokumentarische Erbe und vertraue es den Forschern an." Das Wirken Pius XII. werde heute "ins richtige Licht" gerückt und seine seelsorglichen, theologischen und diplomatischen Qualitäten gewürdigt, so Franziskus.

Kirchenhistoriker Wolf für Aussetzung des Seligsprechungsverfahrens

Seit längerem läuft ein Verfahren zur Seligsprechung Pius XII. 2009 wurde als eine Vorstufe dazu der sogenannte heroische Tugendgrad festgestellt. Gegenüber dem Domradio sprach sich der Münsteraner Kirchenhistoriker Hubert Wolf bereits am Wochenende für eine Aussetzung der Seligsprechung aus, solange die Akten nicht von Historikern ausgewertet werden können. Viele zentrale Fragen zur Bewertung der Amtszeit seien ohne die Öffnung der entsprechenden Akten des Vatikan nicht geklärt.

Auf die Frage, ob Pius XII. "alles Menschenmögliche gegen das Unrecht seiner Zeit unternommen" habe oder als "unterkühlter Diplomat" geschwiegen und wichtige Gelegenheiten habe "verstreichen lassen", sagte Kirchenhistoriker Wolf weiter, er würde dies "wirklich gerne beantworten". Aber dazu müsse man "erst einmal die Quellen sehen". Wolf wörtlich: "Ehrlich: Ich weiß nicht, wann der Papst genau von was wusste. Wer hat ihn über Auschwitz informiert? Wann wusste er von der sogenannten Endlösung der Judenfrage?"

Schon lange Forderungen nach Aktenöffnung

Auch bei nichtpolitischen Fragen wie der Beurteilung der theologischen Ausrichtung des Papstes oder der Entstehung des Dogmas von der Unbefleckten Empfängnis Mariens warnte Wolf vor "irgendwelchen vorschnellen Urteilen". Da könnten Dogmatiker oder andere womöglich leichter urteilen; "aber Historiker brauchen die Quellen". Alle Spekulationen und Einordnungen, für die es "relativ plausible Gründe" gebe, seien "so lange nichts wert, wie wir nicht mit hartem Quellenmaterial sagen können, es war so oder so".

Wegen der umstrittenen Haltung von Pius XII. angesichts des Holocausts fordern Historiker und einige jüdische Verbände seit langem eine Freigabe der Akten über sein Pontifikat. Ursprünglich hatte der Vatikan diese für 2015 angekündigt, dann jedoch eine Verzögerung mitgeteilt. Papst Franziskus hatte wiederholt seine Bereitschaft bekundet, die Akten für die Forschung freizugeben, sobald deren Katalogisierung abgeschlossen sei. (fxn/KNA)