Papst: Weihnachten eröffnet "neues Lebensmodell"
Zum Weihnachtsfest hat Papst Franziskus "eine unersättliche Gier" in der "Menschheitsgeschichte" kritisiert. Diese führe dazu, "dass einige wenige üppig schlemmen und so viele kein Brot zum Leben haben". Dagegen eröffne, das Kind von Bethlehem "ein neues Lebensmodell: nicht verschlingen und hamstern, sondern teilen und geben", sagte das Kirchenoberhaupt in seiner Weihnachtspredigt an Heiligabend im Petersdom. In Betlehem sei "Gott in einer Futterkrippe geboren" worden, um sich den Menschen mitzuteilen und ihnen quasi zur Nahrung zu geben. Damit durchbreche Weihnachten "die Spirale von Gier und Maßlosigkeit", sagte der Papst.
Bischof Overbeck fordert Veränderungen
In mehreren Weihnachtspredigten deutscher Bischöfe spielte das Thema Missbrauch eine bedeutende Rolle. Der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker sprach von Vertrauensverlust: "Die Vertrauens- und Glaubwürdigkeitskrise hat unsere Kirche eingeholt, die doch so von ihrer Glaubwürdigkeit lebt." Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck betonte, nach dem "unglaublichen Skandal des sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen durch Geistliche" stünden in der Kirche Veränderungen an.
Overbecks Dresdner Amtsbruder Heinrich Timmerevers sagte, das Ausmaß sexueller Gewalt gegenüber Kindern und Jugendlichen gehe "an die Substanz von Glauben und Kirche". Der Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr äußerte die Hoffnung, "dass Gott auch in dieser Zeit seine Kirche nicht verlässt, in der wir so viel Schreckliches über den Missbrauch an Kindern und Jugendlichen im Raum der Kirche erfahren müssen".
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Die Kirche müsse nun lernen, sich zu ihrer Fehlbarkeit zu bekennen, forderte der Würzburger Bischof Franz Jung. "Das heißt für mich nicht, dass man einfach alles über Bord werfen muss, was bisher gegolten hat." Aber die Selbstverständlichkeit, mit der man davon ausgegangen sei, gut zu sein, müsse einer gesunden Skepsis weichen.
Ohne den Missbrauchsskandal direkt zu erwähnen, sagte der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf: "Wir stehen heute vor der erschreckenden Tatsache, dass es eine dunkle Seite dieser Kirche gibt." Dies nehme er als Bischof so deutlich wahr "wie nie zuvor in meinem Leben als Christ und Priester".
Erzbischof Marx: Kirche hat "gehörigen Weg" vor sich
Nach den Worten des Münchner Kardinals Reinhard Marx hat die Kirche bei der Aufarbeitung der Taten noch einen "gehörigen Weg" vor sich. In der "Bild am Sonntag" kündigte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz erneut an, man werde sich "auf den Weg machen", um grundlegendere Fragen anzugehen wie Sexualmoral, Ausbildung und Lebensform der Priester "sowie das Thema Macht und Teilhabe in der Kirche".
Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode räumte unterdessen Versäumnisse im Umgang mit einem des Missbrauchs beschuldigten Priester ein. Nach seiner Pensionierung sei der Priester sogar zum zeitweiligen Leiter einer Pfarrei und zum unterstützenden Priester ernannt worden - "von mir unterschrieben", so Bode. "Dessen bin ich mir schmerzhaft bewusst, und ich bitte dafür um Vergebung und Entschuldigung."
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Angesichts von Nationalismus und Populismus rief der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick dazu auf, den eigenen Horizont zu erweitern. Denn schon an der Krippe in Bethlehem hätten sich alle Völker der Erde sowie Arme und Reiche getroffen: "Jesus in der Krippe vereinte sie, das muss auch heute geschehen."
Das Christentum revolutioniert nach Ansicht des Regensburger Bischofs Rudolf Voderholzer die Religionen. Denn der ewige Gott bekomme auf einmal "Hand und Fuß". Gott setze allen Spekulationen über sich ein Ende und werde Mensch. Er habe sich den Menschen gezeigt und ihnen eine Gemeinschaft angeboten. Es liege nun an ihnen, dieses Angebot anzunehmen, und ihr Leben nach seinem Vorbild auszurichten.
Christen müssten "Ja und Amen" zu Gott erneuern
In den gegenwärtigen Zeiten des Umbruchs in Kirche, Politik und Gesellschaft bleibt nach den Worten des Passauer Bischofs Stefan Oster das Verlässlichste von allem eine Botschaft: "Gott ist in Jesus gekommen, um uns mit sich zu versöhnen, um uns den Frieden zu schenken - und so durch uns die Welt zu verwandeln." Deshalb gelte es für die Christen, ihr "Ja und Amen" heute und immer wieder zu ihm zu erneuern.
Der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke appellierte an die Christen zur Solidarität mit den Menschen, mit ihren inneren und äußeren Nöten. Es sei nicht Aufgabe der Kirche, eine gesellschaftliche Ehrenstellung einzunehmen oder sich um das Erscheinungsbild der Kirche als Institution zu sorgen. Vielmehr müsse sie sich darum kümmern, dass Gottes Licht, das aus der armseligen Krippe erstrahle, weiter gegeben werde.
In Augsburg sagte Bischof Konrad Zdarsa, Weihnachten gebe die Antwort auf die Frage nach dem Sinn des Lebens. Er bestehe darin, Jesus kennenzulernen, ihm nachzufolgen und mehr und mehr so zu werden wie er. Doch auch Glaubende seien nicht ohne Sünde und "leider oft alles andere als lupenreine Zeugen der Frohen Botschaft", so der Bischof. Alle Bedrängnisse seien letztlich ein Angebot von Gott, den Sinn des Lebens zu erkennen, sein Leben zu ändern und sich neue zu orientieren.
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Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki forderte dazu auf, sich einsamen Menschen zuzuwenden. "Es geht um die Tatsache, dass es bei Millionen Menschen niemals klingelt, dass keine private E-Mail eingeht, dass keiner mit ihnen spricht und ihnen nicht mal jemand ein Zwitschern via Twitter schickt", sagte der Erzbischof. Heute vereinsamten immer mehr Menschen. In Frankreich gebe es deswegen sogar ein eigenes "Ministerium für Einsamkeit".
Münsters Bischof Felix Genn warb für einen bescheidenen Lebensstil. Jesus sei in Armut geboren worden. Dieser "Stallgeruch" habe sein gesamtes Leben durchzogen. Die Armut Jesu müsse zum Impuls werden für eine bescheidene Lebensweise, die auf die ökologischen Bedingungen und kommende Generationen Rücksicht nehme.
"Immer-Mehr und Immer-Schneller" werde zu "Immer-Falscher"
Ähnlich äußerte sich Aachens Bischof Helmut Dieser. Das "Immer-Mehr und Immer-Schneller" werde zu einem "Immer-Falscher", so Dieser. "Wir müssen die Ursachen für den Klimawandel, das Artensterben, die Vermüllung der Meere wirklich bei uns selber suchen, und schaffen es kaum, von den falschen Lebensgewohnheiten herunterzukommen."
Die christliche Weihnachtsbotschaft beinhaltet für den Freiburger Erzbischof Stephan Burger den Appell, die Stimme zu erheben gegen Ausgrenzungen, Angriffe auf die Menschenwürde oder bewusste Angriffe etwa mittels Fake News im Internet. "Das Kind in der Krippe, das Fleisch gewordene Wort Gottes, macht uns als Menschen in dieser konkreten Welt, in der wir leben, neu sprachfähig", sagte Burger am ersten Weihnachtsfeiertag im Freiburger Münster.
Der Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann sieht den digitalen Wandel in Gesellschaft wie im Privaten kritisch. "Schon mein Smartphone versucht mich ständig durch kleine Belohnungen, Sternchen, Likes und ähnliches zu dressieren", sagte Wiesemann in seiner Predigt im Speyerer Dom. Weihnachten sei das Fest der stillen Nacht, doch die Welt fürchte die Stille: "Alles wird ständig kommentiert, alles wird bewertet - durch jeden. Alles erscheint machbar."
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Nach den Worten des Fuldaer Diözesanadministrators Karlheinz Diez ist die Geburt Jesu ein "gewaltiges Zeichen" der Nähe Gottes zu den Benachteiligten der Gesellschaft gewesen. Dass Gott "in einem schäbigen Stall in Bethlehem" Mensch geworden sei, zeige, dass er "bei den Kleinen, den Sündigen, den Ausgestoßenen und Schwachen" sein wolle, sagte Diez.
Der Limburger Bischof Georg Bätzing rief in seiner Weihnachtspredigt die Christen dazu auf, trotz Widerständen mutig zu ihrer Überzeugung zu stehen. Er verwies auf den 1980 ermordeten und 2018 heiliggesprochen Erzbischof von San Salvador, Oscar Romero. Dieser habe sich "auf das Kind, auf den Armen, auf den in Lumpen Gekleideten, auf den Kranken eingelassen und das Leben mit ihnen geteilt", sagte Bätzing im Limburger Dom. Diese christliche Haltung habe Romero mit dem Leben bezahlt. "Es war ihm das Risiko wert", sagte Bätzing.
Bischof Ackermann erinnert an Verantwortung für Schöpfung
Bischof Gebhard Fürst von der Diözese Rottenburg-Stuttgart zeigte sich in seiner Weihnachtsbotschaft indes besorgt über Unfrieden, Gewalt und humanitäre Katastrophen weltweit. Er betonte: "Gewalt, Kriege, Terror zerstören das gemeinsame Haus, in dem wir leben - doch das Christentum ist die Religion des Friedens und der Versöhnung."
Der Trierer Bischof Stephan Ackermann erinnerte an Weihnachten an die Verantwortung der Christen für die Schöpfung: "Wir haben nur das eine Leben und die eine Welt. Gott spielt nicht mit dieser Welt. Das zeigt er an Weihnachten, indem er sich unwiderruflich an diese Welt bindet. Auch wir sollen nicht mit dieser Erde spielen. Dafür ist sie zu kostbar." Die Weihnachtsbotschaft sei zudem "kein plüschiges Märchen, sondern sie weiß um die harten Realitäten des Lebens: um Zweifel, Zukunftsangst, Armut, Ablehnung und Flucht", erklärte Ackermann.
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Bischof Wolfgang Ipolt sprach sich in seiner Weihnachtspredigt in der Görlitz Kathedrale "für gute Bräuche, die dem Weihnachtsgeheimnis Leib und Seele verleihen" aus. Als Beispiel nannte er eine Tradition aus Osteuropa: "Einen zweiten Brauch vollziehen besonders unsere Schwestern und Brüder aus Polen am Heiligen Abend. Bevor sie das gemeinsame Mahl in der Familie beginnen, brechen sie eine Oblate – sie teilen sie mit allen Anwesenden im Raum, und wünschen sich dabei Frieden und ein gutes Fest", so Ipolt.
In seiner Predigt fragte der Magdeburger Bischof Gerhard Feige, welche Gestalten der Weihnachtsgeschichte die wichtigsten seien. "Die wenigsten würden sich auf Ochs und Esel festlegen", so Feige. Aber diese so unterschiedlichen Tiere, die sich gemeinhin nicht vertragen, stünden an der Krippe einträchtig beieinander. Dies sei "ein Ausdruck dafür, dass Gott mehr vermag als wir Menschen und nichts als völlig aussichtslos erscheint."
Erzbischof Heße über Weihnachten: Man muss Position beziehen
Als Zeichen der Hoffnung "mitten in aller Dunkelheit" bezeichnete der Berliner Erzbischof Heiner Koch die Geburt Christi. Populisten dagegen verbreiteten nur Angst in der gesellschaftlichen Diskussion. Dem hätten sich Christen entgegenzustellen.
An Weihnachten "verlagert Gott seinen Schwerpunkt zu uns, indem er selber zum Menschen wird", so Erzbischof Stefan Heße in seiner Weihnachtspredigt. "Aus der Frage, wo Gott steht, wird die Frage: Wo stehen wir?", so Heße weiter. "Weihnachten fordert uns dazu auf, Position zu beziehen und zwar für den Menschen."
Der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer besuchte an Heiligabend die "Offene Weihnacht" der Gemeinde Guter Hirt in Drispenstedt, an der rund 1.000 bedürftige Menschen teilnahmen. Er wolle für die da sein, "denen es nicht so gut geht", zitierte die "Hildesheimer Allgemeinen Zeitung" den Bischof. (rom/KNA/dpa)