Fund revidiert Forschung über Umgang mit Sexualtiät im Mittelalter

Sprechendes Geschlechtsteil in der Klosterbibliothek

Veröffentlicht am 24.07.2019 um 15:20 Uhr – Lesedauer: 

Mainz ‐ Der kleine Streifen Pergament ist eine Sensation: Ein um das Jahr 1300 entstandenes Schriftstück berichtet über das Zwiegspräch einer Jungfrau mit ihrer eigenen Vulva. Dass es ausgerechnet in einer Klosterbibliothek gefunden wurde, ist wohl kein Zufall.

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Mittelalter-Spezialisten aus Deutschland und Österreich sind in der Stiftsbibliothek Melk in Niederösterreich auf einen schmalen Streifen Pergament gestoßen, der es bei genauerer Untersuchung in sich hat. Der sogenannte "Rosendorn" berichte davon, wie sich eine Jungfrau mit ihrer sprechenden Vulva darüber entzweit, wer von ihnen bei Männern den Vorzug genießt, teilte die Akademie der Wissenschaften und der Literatur am Mittwoch in Mainz mit. Das Schriftstück sei nur schwer zu entziffern gewesen und habe als Einband für ein anderes Buch gedient.

Bisherige Forschung zum Umgang mit Sexualität revidiert

Den "Rosendorn" kannten Forscher zuvor laut Akademie nur in zwei deutlich jüngeren Abschriften. Bislang habe man angenommen, dass ein solch freier Umgang mit der eigenen Sexualität im deutschsprachigen Raum erst zum Ende des Mittelalters aufgekommen ist, also etwa in der städtischen Kultur des 15. Jahrhunderts. Der Melker Fund sei jedoch bereits um 1300 getextet worden und revidiere damit die bisherige Forschung.

Für Verwunderung habe gesorgt, dass das Stück Pergament als Einband eines lateinischen Buchs in der Bibliothek des Melker Klosters gefunden wurde. Die Wissenschaftler spekulierten, ob der sexuell-freizügige Text vielleicht habe verschwinden müssen. (gho/epd/KNA)