Theologe Wiemeyer nach Nahles-Rücktritt: SPD zerstört sich selbst
Der Bochumer Sozialethiker Joachim Wiemeyer hat die SPD nach dem Rücktritt von Andrea Nahles als Vorsitzende kritisiert. Zum Mindestmaß an Tugenden politischer Akteure gehöre die Loyalität gegenüber den selbst gewählten Amtsträgern, Wahrhaftigkeit und Kompromissfähigkeit, sagte der Theologe am Montag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Bochum.
Weiterer Auftrieb für Populisten
"Es ist bedauerlich, dass gerade zum 70. Jubiläum des Grundgesetzes, das in Deutschland eine stabile politische Kultur der Gemeinwohlorientierung und Verantwortungsbereitschaft hervorgebracht hat, eine Partei, die sich in der deutschen Geschichte viele Verdienste erworben hat, selbst zerstört", sagte Wiemeyer. Destruktive Machtmächte innerhalb einer Partei könnten Populisten weiteren Auftrieb geben, da Teile der Bevölkerung Politiker und Parteien negativ einschätzten. Wohin mangelnde Gemeinwohlverantwortung in der Politik führe, lasse sich in anderen Ländern wie Großbritannien ablesen, wo "keine konstruktiven Mehrheitsentscheidungen im Parlament mehr zustande kommen".
Nahles hatte am Sonntag erklärt, ihre Ämter als Partei- und Fraktionsvorsitzende abzugeben und auch ihr Bundestagsmandat niederzulegen. Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, würdigte nach der Rücktrittsankündigung die Arbeit der scheidenden SPD-Vorsitzenden: "Gerade heute möchte ich Andrea Nahles meinen Respekt und meine Wertschätzung aussprechen ... Sie hat in schwerer Zeit Verantwortung übernommen und als erste Frau die traditionsreiche SPD geführt." Als Katholikin habe sie sich für soziale Gerechtigkeit und internationale Solidarität eingesetzt, so Sternberg weiter: "Ich hoffe, dass sie dies auch weiterhin an wichtiger Stelle tun kann."
Nahles ist Mitglied im ZdK. Sie war erst vor einem Jahr zur Vorsitzenden der SPD gewählt worden – als erste Frau in der über 150-jährigen Geschichte der Partei. (tmg/KNA)