Vatikan regelt erstmals das Leben "geweihter Jungfrauen"
In einem neuen Dokument befasst der Vatikan sich erstmals näher mit dem Stand der "geweihten Jungfrauen". Der Text, der am Mittwoch im Vatikan vorgestellt wurde, schildert die Entwicklung dieser im Neuen Testament genannten Lebensform, erinnert an die Wiedereinführung der Jungfrauenweihe im Jahr 1970 und behandelt die Rolle solcher Frauen in der heutigen Kirche. Die rund 35 Seiten von "Ecclesiae Sponsae Imago" (Das Bild der Kirche als Braut) wurden in fünf Sprachen veröffentlicht, allerdings nicht auf Deutsch.
Laut dem Neuen Testament gab es in der frühen Kirche nicht nur den Stand der Bischöfe, Priester und Diakone, sondern auch jenen der Witwen und "geweihten Jungfrauen". Diese unverheirateten Frauen hatten ihr Leben auf besondere Weise Gott geweiht, waren aber weiter in ihrem normalen Lebensumfeld tätig. Ein Klosterleben für Frauen entstand erst viel später und verdrängte in der Folge diese Lebensform alleinstehender Frauen. Während des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) entdeckte sie die katholische Kirche wieder. Daraufhin erließ Papst Paul VI. am 31. Mai 1970 eine Instruktion, welche den Ritus der Jungfrauenweihe wieder einführte.
Dokument regelt Aufgaben der Frauen und des zuständigen Bischofs
Vorgestellt wurde das neue Dokument von Kardinal Joao Braz de Aviz, dem Leiter der zuständigen Kongregation für Orden und Apostolisches Leben. Es sei "das erste Dokument, mit dem der Apostolische Stuhl die Gestalt und Regeln dieser Lebensform weiterentwickelt", so Braz de Aviz. Dabei kündigte er für das Jahr 2020, zum 50. Jahrestag der Wiedereinführung der Jungfrauenweihe, ein weltweites Treffen von Frauen an, die diese Lebensform gewählt haben. Laut einer Schätzung im Jahr 2016 gibt es derzeit weltweit gut 5.000 geweihte Jungfrauen; diese Zahl steige kontinuierlich an. Sie lebten, so Kardinal Braz de Aviz, auf allen Kontinenten, wo sie in ihren Bistümern unterschiedlichsten Tätigkeiten nachgehen.
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Eigentlich wollte Iris Blum "Priesterin" werden. Doch weil das nicht ging, beschritt sie einen anderen Weg - und wurde geweihte Jungfrau. Im Interview spricht sie über die Entscheidung ihres Lebens. (Interview vom August 2017)Wie der Sekretär der Ordenskongregation, Erzbischof Jose Rodriguez Carballo, bei der Vorstellung erläuterte, regelt das dreiteilige Dokument unter anderem die Verantwortung des zuständigen Bischofs sowie Aufgaben und Möglichkeiten geweihter Jungfrauen in der Kirche. Gleichzeitig gebe es Kriterien und Hilfen, wie Frauen eine entsprechende Berufung erkennen und leben können.
Zunächst werden die biblische und christologische Grundlegung sowie das geistliche Profil des Lebensstils erläutert. Frauen würden in diesem Stand zu "eschatologischen Zeichen der Kirche", sie teilten den Lebensstil Jesu. Auch die marianische Komponente gottgeweihter Jungfräulichkeit wird betont. Im zweiten Teil des Dokuments wird der "Ordo virginum" ins Gesamtgefüge der Kirche eingeordnet. Der Diözesanbischof trage eine besondere Verantwortung, da gottgeweihte Jungfrauen sich als Teil ihrer Ortskirche fühlen sollten. Im dritten Teil wird betont, dass der Bischof die Berufung der Kandidatinnen genau zu prüfen habe. Er solle für ihre Ausbildung und Weihe sorgen und sie auf ihrem Weg permanent begleiten.
Durch ein eheähnliches Band mit Christus verbunden
Eine Kandidatin darf nicht unter 18 Jahre alt sein und darf erst mit 25 Jahren die Weihe erhalten. Sie darf niemals die Ehe eingegangen sein oder offenkundig ein der Keuschheit widersprechendes Leben geführt haben. Geweihte Jungfrauen, auch gottgeweihte Frauen genannt, geloben – wie Ordensfrauen ihrer Vorgesetzten – ihrem Bischof der Ehelosigkeit in der Welt. Mit der Weihe durch ihn nach einem speziellen liturgischen Ritus sind sie in den Stand der Jungfrauen aufgenommen und durch ein eheähnliches Band mit Christus verbunden, dem sie ihr Leben weihen. Bei der Weihe tragen sie einen Schleier und teilweise auch weiße Hochzeitskleider, um das zu symbolisieren.
Die Art und Weise, wie sie ihr Charisma leben – stärker kontemplativ oder aktiv –, ist ihnen jedoch freigestellt. Einige von ihnen sind in Wissenschaft und Lehre, andere als Einsiedlerinnen oder in sozialen Diensten tätig. Zudem können sie ganz allein wohnen, bei ihrer Herkunftsfamilie oder in einer Gemeinschaft mit Gleichgesinnten, auch mit Ordensfrauen. Das neue Dokument bestätigt ausdrücklich, dass gottgeweihte Jungfrauen nicht allein leben müssen. (luk/KNA)