Entlassung aus Klerikerstand droht

Vatikanische Glaubenskongregation befasst sich mit Kardinal Pell

Veröffentlicht am 28.02.2019 um 11:33 Uhr – Lesedauer: 
Bild: © KNA

Vatikanstadt ‐ Nach der Verurteilung durch ein weltliches Gericht erwartet Kardinal George Pell nun auch ein kirchenrechtlicher Prozess. An dessen Ende könnte die "Höchstrafe" der Kirche stehen. Derweil wurden Vorwürfe gegen einen weiteren australischen Bischof laut.

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Nach der Verurteilung von Kardinal George Pell (77) in Australien wegen Missbrauchs wird nun auch die vatikanische Glaubenskongregation aktiv. "Sie wird sich um den Fall kümmern, gemäß den Vorgehensweisen und Zeiten, die die kanonischen Normen dazu vorgeben", erklärte Vatikansprecher Alessandro Gisotti am Mittwoch.

Die Glaubenskongregation ist für die Bearbeitung von Missbrauchsfällen zuständig. Kirchenrichter können die Ermittlungen der australischen Justiz als Beweismaterial verwenden. Als kirchliche "Höchststrafe" droht Pell die Entlassung aus dem Klerikerstand.

Der frühere vatikanische Finanzminister war wegen sexuellen Missbrauchs eines 13-Jährigen und sexueller Belästigung eines weiteren Jungen in Australien schuldig gesprochen worden. Am Mittwoch wurde Pell verhaftet. Ihm droht nun eine Gefängnisstrafe von bis zu 50 Jahren. Das Strafmaß soll spätestens Mitte März verkündet werden. Pell ist weltweit der ranghöchste katholische Würdenträger, der wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt wurde. Seine Verteidiger kündigten Berufung an. Unterdessen wurden in den Medien Zweifel an Pells Schuld laut.

Ermittlungen gegen Erzbischof Coleridge

Auch der Vorsitzende der australischen Bischofskonferenz, Erzbischof Mark Coleridge, muss sich wegen einer nicht näher bekannten Anschuldigung im Zusammenhang mit Missbrauchsvorwürfen kirchlichen Ermittlungen stellen. Coleridges frühere Erzdiözese habe die Untersuchungen angestrengt, nachdem sich eine Frau über Coleridge beschwert habe, berichtete der australische Sender ABC am Dienstag. Die Frau hatte den damaligen Erzbischof von Canberra und Goulburn nach eigenen Angaben im Jahr 2006 getroffen, um Vorwürfe sexuellen Missbrauchs an Kindern zu besprechen. Eine von ihr geäußerte Beschwerde habe Coleridge abgewiesen, sagte sie. Worum es in der Beschwerde ging und gegen wen sich die Vorwürfe richteten, ist bislang offen.

Ein Sprecher der Erzdiözese erklärte der Deutschen Presse-Agentur, eine Untersuchung sei eingeleitet worden, nachdem die Kirche vor ein paar Monaten von den Behauptungen Kenntnis erhalten habe. Coleridge habe bei den Ermittlungen kooperiert und die Anschuldigungen "stark widerlegt". Die Frau habe sich dann entschieden, die Vorwürfe an die Medien heranzutragen.

Coleridge ist seit 2012 Erzbischof von Brisbane und Präsident der nationalen Bischofskonferenz Australiens. Beim Anti-Missbrauchsgipfel der katholischen Kirche im Vatikan hatte er jüngst von einer "kopernikanischen Revolution" gesprochen, die angesichts der Missbrauchsskandale nötig sei, um als Kirche aus der Krise zu finden. (tmg/KNA/dpa)