Eine Agrarreligion?
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Nicht nur zur Sommerszeit nährt das Christentum den Verdacht, eine Opfer-Agrarreligion zu sein. In der katholischen Sonntagsliturgie ist vom Brot des Himmels die Rede, von Israels Manna, von Fleisch und Blut, von Elija, der sterben will, aber aufgefordert wird, Brot zu essen und Wasser zu trinken. Im Buch der Sprichwörter schlachtet die Weisheit das Vieh, mischt den Wein und deckt den Tisch.
Am Ende des Gottesdienstes kommt der Wettersegen. Gott möge Blitz, Hagel und jedes Unheil fernhalten, wahlweise auch für Regen sorgen - als lebten wir in vorwissenschaftlichen Zeiten. Das legen ebenso die Fürbitten nahe: "Lieber Gott, mach!" Nicht nur Außenstehenden drängt sich der Verdacht auf, Christen seien infantile Wesen, die in ihrem kindlichen Glauben immer noch nicht begriffen haben, wie die Welt tickt - als könne man/frau Gott magisch beschwören, als großer Blitzableiter, Regenmacher, Wunderdoktor oder Zauberer einzugreifen. Und wenn Unglück oder Krankheit nicht abgewendet werden, hat die Frömmigkeit schon die übliche Ausrede und Entschuldigung parat.
Die Glaubwürdigkeit des Glaubens leidet auf weiter Flur, weil er in einem agrarisch-archaischen Bewusstsein steckengeblieben ist. Dagegen haben sich Lebensgefühl und Wissen aufgeklärt, städtisch inkulturiert. Im Beten, im sakramentalen Feiern hat sich eine Bewusstseinsspaltung eingenistet. Die Gläubigen tun so, als ob…, während sie eigentlich wissen, dass es nicht so ist. Der Hirnforscher Gerhard Roth meinte einmal: "Wenn es Gott gibt, ist er ganz anders, als jeder Theologe ihn sich vorstellt." Die Bilder einer bäuerlichen Kultur mögen uns emotional noch berühren. Religiös jedoch werden sie schwach und schwächer. In der christlichen, liturgischen Sprach- und Symbolwelt wäre einzuholen, was Paulus anmahnt: "Als ich ein Kind war, redete ich wie ein Kind, dachte wie ein Kind und urteilte wie ein Kind. Als ich ein Mann wurde, legte ich ab, was Kind an mir war." Der Weg von einer agrarisch geprägten kindlichen Wunderreligiösität hin zu einem Christsein der - so Paulus - "rätselhaften Umrisse" ist weit, aber notwendig.