Standpunkt

Zur Verteidigung der Fürstin

Veröffentlicht am 19.12.2018 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Bonn ‐ Vergangene Woche hat katholisch.de-Redakteurin Agathe Lukassek einen Weihnachtswunsch: Fürstin Gloria möge schweigen. Den kann Oliver Maksan gar nicht teilen – und hat auch einen wohlmeinenden Tipp für sie.

  • Teilen:

HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.

Verehrte Frau Lukassek, wir kennen uns nicht persönlich. Ihr Standpunkt vom 11. Dezember reizt mich dennoch zum Widerspruch - ehe mir der große weihnachtliche Friede Zurückhaltung auferlegt. Gleich vorweg: Ich bin weder Sprecher der Ihnen so unerträglichen Fürstin noch ihr sonst irgendwie dienstlich verpflichtet. Ich gebe zu: Die Begegnungen mit dieser unkonventionellen Kosmopolitin haben mich immer für sie eingenommen. Doch unabhängig davon finde ich, dass Ihre Anklage gegen Fürstin Gloria auf tönernen Füßen steht. Wenigstens ausweislich der von verlinkten Meldungen. Was dort steht, ist an Harmlosigkeit nicht zu überbieten.

Haben Sie wirklich nichts Belastbareres gefunden? Wo, mit Verlaub, wird Weihnachten missbraucht, wenn man im Blick auf interreligiöse Begegnungen die eigenen Traditionen hochhält? Ich sehe gläubige Muslime gerade nicken. Und kann es Ihnen wirklich entgangen sein, dass die Kirche ihren Einsatz gegen Abtreibung liturgisch an das Fest der unschuldigen Kinder rückbindet? Gut, die Ursachen für die Missbrauchskrise sind vielfältig und umstritten. Warum aber soll der Einfluss von 1968 weniger diskutabel sein als die allfälligen Klerikalismusthesen? Nicht, dass Fürstin Gloria Unfehlbarkeit gepachtet hätte. Und ob sie wirklich glücklich ist, dass durch sie das Verb "schnackseln" auch nördlich der Donau geläufig wurde, weiß ich nicht. Wahrscheinlich ist sie es. Und wenn schon.

Heute tragen wir mit Robert Spaemann einen der ganz Großen zu Grabe. Ein Riese des Geistes und treuer Sohn der Kirche. Seine Äußerungen etwa zu Migration, Islam und multikultureller Gesellschaft sind dabei alles andere als politisch korrekt. Schauen Sie über die Feiertage mal in die von ihm unterzeichnete Pariser Erklärung. Da finden Sie leicht Stoff für ein paar neue Standpunkte.

Werte Kollegin, machen wir den Raum des Sagbaren in der Kirche nicht zu eng. Die Lehre der Kirche auf der einen Seite und gesunder Menschenverstand auf der anderen lassen genug Platz für Sie, für mich und die Fürstin aus Regensburg. In diesem Sinne: Fröhliche Weihnachten!

Von Oliver Maksan

Der Autor

Oliver Maksan ist Chefredakteur und Geschäftsführer der Würzburger katholischen Zeitung "Die Tagespost". Von 2012 bis 2016 war er Korrespondent in Jerusalem.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.