Auf den Spuren der Päpste in Castel Gandolfo
Papst Urban VIII. (1623-44) sorgte für den Umbau zur Sommerresidenz des etwa 25 Kilometer südlich von Rom gelegenen Geländes und wohnte dort ab 1626 als erster Papst über längere Zeit. Mehr als 300 Jahre später zieht Papst Franziskus hingegen vor, keinen Urlaub in Castel Gandolfo zu machen. Überhaupt lässt er sich nur selten am Sommersitz blicken. "Drei, vier Mal war er vielleicht da", berichtet Gianoli. Aber der emeritierte Papst, Benedikt XVI., der komme auf Einladung Franziskus' immer noch gern einige Tage im Sommer.
Beten und Fische füttern
"Beten und Fische füttern, das macht Benedikt XVI., wenn er hier ist", erzählt Gianoli, der seit fast drei Jahren Direktor der Päpstlichen Villen ist. Bevorzugter Ort des emeritierten Papstes sei der "Giardino della Madonnina", den auch Papst Johannes Paul II. gern zum Gebet aufsuchte. Der "Garten der kleinen Madonna" ist ein idyllischer Ort abseits der großen Wege in den Gärten der Päpstlichen Villen. Im Zentrum steht eine Madonnenskulptur unter einem Portikus, ihr Bild spiegelt sich im kleinen, davor angelegten Seerosen-Teich. Darüber flattert eine Libelle, darin schwimmen einige Goldfische - eben jene, die Benedikt XVI. nach dem Gebet gerne füttert. "Das Brot legt er dann immer hier ab", erklärt Gianoli und zeigt auf eine kleine Lücke in der Steinmauer am Eingang des Madonnen-Gärtchens.
Zu den Zeiten, zu denen die Teilnehmer der gut zweistündigen Fußführung in den Päpstlichen Villen den Gebetsort aufsuchen, ist der emeritierte Papst zwar nicht dort. Aber man kann sich auch so gut vorstellen, wie der 89-Jährige andächtig ins Gebet versunken vor der Madonna kniet, sich auf einer der zwei um den Teich aufgestellten Bänke im Halbschatten ausruht, vielleicht dem Vogelgezwitscher lauscht oder die Goldfische beobachtet, denen er grade ein paar Brotkrumen zugeworfen hat.
Auch wenn der emeritierte Papst nicht mehr so häufig wie zu Amtszeiten in Castel Gandolfo weilt, ist er dort immer noch präsent: An ihn erinnert beispielsweise das aus Mosaiksteinen und Buchsbaum gebildete große Wappen Benedikts XVI. mit Muschel, Mohrenkopf und Bär bei der "Viale delle Siepi". Gianoli erzählt, es sei üblich, das Wappenzeichen des amtierenden Papstes in den Gärten abzubilden. Der "neuen Situation der zwei Päpste" nach dem freiwilligen Amtsverzicht Benedikts XVI. im Jahr 2013 sei zu verdanken, dass aktuell zwei große Papstwappen die Gärten zieren. Das von Papst Franziskus - mit dem Symbol des Jesuitenordens, einem Stern und einem Lavendelblatt - findet sich einige Meter weiter in der "Viale del Pan di Zucchero". Unter dem Wappen steht der Wahlspruch des Papstes "miserando atque eligendo" - "Aus Barmherzigkeit gewählt".
Gärten sind liebevoll gepflegt
Wer genau hinschaut, kann in der Anlage auch die Symbole weiterer Päpste entdecken. Zum Beispiel das Wappen Pius' XI. mit einem Adler über drei roten Bällen als Mosaik am Treppenaufgang bei der "Piazzale quadrato" oder die Wappen von Benedikt XVI. und Johannes Paul II. auf Terracotta-Blumentöpfen, in denen Zitronenbäumchen hin und wieder den Wegesrand säumen. Es wird schnell deutlich: Die Gärten sind liebevoll gepflegt, bis ins letzte Detail. Dafür sorgen mehr als 30 Arbeiter, die sich um die Botanik und den zugehörigen Bauernhof nebst landwirtschaftlichem Betrieb kümmern, den Papst Pius XI. um 1930 errichten ließ.
Da der Hof für die Führung zu Fuß zu weit entfernt ist, kann er bei dieser Tour nicht besucht werden. Eine kleine Touristenbahn mit Audioguide (auch auf Deutsch) fährt aber nicht nur durch die Gärten, sondern auch beim Bauernhof vorbei. Es gibt viel zu entdecken, denn nicht nur die Päpste haben hier ihre Spuren hinterlassen - schließlich residierten bereits römische Kaiser in Castel Gandolfo. So hatte etwa Domitian (81-96 nach Christus) seinen Landsitz am Albaner See. Davon zeugt beispielsweise ein auf seinen Wunsch errichtetes Theater, dessen Ruinen auf dem heutigen Gelände der Päpstlichen Villen ebenfalls Teil der Führungen sind.
Domitian ließ auch einen unterirdischen Gewölbegang errichten, von dem noch heute ein Teil erhalten ist. Der Kryptoportikus unter den italienischen Gärten wurde während des Zweiten Weltkriegs zum Schutzraum für die Bürger Castel Gandolfos vor den deutschen Truppen, was einige eingeritzte Namen und Datumsangaben belegen. Hier unten riecht es etwas muffig, an einigen Stellen sind Spinnweben in der Ecke. Im Gegensatz zu den sonnigen, gepflegten Gärten ein düsterer Ort.
Das Gelände in Schuss zu halten sei anstrengend, sagt Gianoli. Der Direktor der Päpstlichen Villen trägt Anzug, aber er ist sich keineswegs zu fein, gelegentlich selbst mit anzupacken: Als er beim Rundgang einen verstopften Wasserfilter in einem Brunnen entdeckt, krempelt er spontan die Ärmel hoch, reinigt den Filter und setzt ihn wieder ein. Sein Kommentar zur vielen Arbeit hier: "Wenn es einfach wäre, wären es nicht die Gärten des Papstes!"