"Die Leute haben Angst, in die Kirche zu gehen"
Jetzt macht sich Pater Sebastiano große Sorgen um das Miteinander der Religionen. "Alle Welt berichtet über die politischen Turbulenzen nach der Wahl von Präsident Rodrigo Duterte, über die religiösen spricht keiner", so D'Ambra gegenüber dem päpstlichen Hilfswerk "Kirche in Not". "Dabei ist der zunehmende religiöse Hass genauso zerstörerisch."
"Der Islam wächst sprunghaft an"
Die Philippinen gelten als "katholische Hochburg". So haben im vergangenen Jahr beim Besuch von Papst Franziskus in der Hauptstadt Manila mehr als sechs Millionen Gläubige an der heiligen Messe teilgenommen - es war der bislang größte Gottesdienst aller Zeiten. Über 80 Prozent der Philippiner gehören der römisch-katholischen Kirche an. So war es früher auch in Mindanao, der südlichsten Inselgruppe der Philippinen, auf der Pater Sebastiano tätig ist. "Heute sind 60 Prozent christlich, 40 Prozent sind Muslime. Der Islam wächst sprunghaft an."
Stichwort: "Kirche in Not"
"Kirche in Not" ist ein Hilfswerk päpstlichen Rechts und wurde 1947 vom niederländischen Prämonstratenserpater Werenfried van Straaten (1913-2003) gegründet. Weil dieser anfänglich bei flämischen Bauern unter anderem Hunderte Tonnen Speck für heimatvertriebene deutsche Katholiken sammelte, wurde er als "Speckpater" berühmt. "Kirche in Not" ist heute in über 140 Ländern aktiv und hilft nach eigenen Angaben der katholischen Kirche dort, wo sie unterdrückt wird oder zu wenig Mittel für die Seelsorge hat. Unter anderem unterstützt das Hilfswerk Bibelübersetzungen, die Aus- und Weiterbildung von Seminaristen und Priestern, den Bau von Kirchen sowie die Ausstrahlung religiöser Rundfunkprogramme. (KNA)Leider steigt damit auch die Zahl der extremistischen Islamisten. "Früher hatten wir es mit einer traditionellen Form des Islam zu tun. Das Zusammenleben war sehr gut. Jetzt hat sich alles verändert", sagt der Missionar. Die Terrormiliz "Islamischer Staat" und deren Ableger rekrutieren auch auf den südlichen Philippinen Nachwuchs.
"Entführungen, Gewalt und Verfolgung sind mittlerweile an der Tagesordnung", berichtet der Missionar. Erst vor wenigen Tagen sei wieder ein Christ ermordet worden. An Weihnachten und Ostern verübten Extremisten mehrere Anschläge auf christliche Dörfer. Einige islamische Religionsführer haben ihren Gläubigen verboten, gemeinsam mit den Christen deren Feiertage zu begehen - obwohl dies ein alter und tiefverwurzelter Brauch auf den Philippinen ist. Trauriger Höhepunkt war ein Angriff im Jahr 2013: In Zamboanga, einer Millionenstadt im äußersten Süden der Inselgruppe, wurden mehrere Stadtteile von islamistischen Kämpfern angegriffen und niedergebrannt. Hunderte Menschen wurden verletzt oder getötet, 100.000 wurden obdachlos.
"Früher waren die Philippinen ein Musterbeispiel für den interreligiösen Dialog zwischen Christen und Muslimen", erklärt Pater Sebastiano. Heute hätten viele Christen Angst, ihre Meinung zu sagen. "Ja, es gibt Gebiete, da fürchten sich die Menschen, in die Kirche zu gehen aus Angst vor Anschlägen." Das Militär zeige zwar Präsenz, könne aber nur wenig ausrichten: Zu unübersichtlich ist die Gefährdungslage. Es gäbe bereits erste Abwanderungstendenzen von Christen.
Aber es gäbe auch ein gegensätzliches Phänomen: "Die Menschen leben ihren Glauben umso entschiedener. Die Kirchen sind nach wie vor voll." Das gebe auch ihm neue Kraft, so D'Ambra. Er ist entschlossen, sein Werk des interreligiösen Dialogs fortzusetzen. "Die Zunahme des Radikalismus macht unsere Mission schwieriger und zugleich notwendiger. Es ist ein langer Prozess, aber ich bin überzeugt, dass man durch den Dialog ein Klima der Barmherzigkeit schaffen kann. Und das braucht die philippinische Gesellschaft so dringend."