"Habemus episcopum!"
Als alles vorbei ist und die Menschen aus dem Dom kommen, läuft eine ältere Dame gegen den Strom und fragt etwas aufgeregt: "Was war denn hier los?" "Aachen hat gerade eine neuen Bischof bekommen", lautet die prompte Antwort. Auf dem Gesicht der Dame macht sich ein Lächeln breit.
Kaum zwanzig Minuten vorher ist im Aachener Dom die Spannung mit Händen zu greifen. Das Kirchenschiff füllt sich, Kameras werden aufgestellt. Ein Mitglied des Domkapitels tritt an den Ambo und verkündet, dass die Domführungen nun eingestellt werden müssten und es gleich eine wichtige Mitteilung gibt. Als der Geistliche sich in einem Satz verheddert, gibt er freimütig zu: "Ich bin aufgeregt". Die Orgel beginnt zu spielen.
Dann zieht das Domkapitel ein, Dompropst Manfred von Holtum tritt ans Mikrophon. Vielen seiner Zuhörer ist schon klar, dass es heute eigentlich nur um die Ernennung eines neuen Bischofs gehen kann. Das Bistum Aachen ist seit Dezember 2015, als Papst Franziskus den altersbedingten Rücktritt Heinrich Mussinghoffs annahm, vakant. Und am Vormittag war in einigen Medien sogar schon ein Name kursiert.
Dennoch brandet Beifall auf, als von Holtum die erwarteten Worte ausspricht: "Habemus episcopum!". Wir haben einen neuen Bischof: Helmut Dieser, seit 2011 Weihbischof im Nachbarbistum Trier, wird nun im westlichsten Zipfel Deutschlands sein neues zu Hause finden. Die Menschen im Dom beten für ihn das Angelus-Gebet und ein Vaterunser und singen mehrere Strophen von "Großer Gott, wir loben dich".
Wenig später spricht im angrenzenden Haus der Dominformation ein strahlender Dompropst mit den wartenden Journalisten. Genau vor einer Woche habe das Domkapitel gewählt, nachdem Nuntius Nikola Eterovic die Liste mit drei Namen aus Rom übermittelt habe. Der ernannte Bischof Dieser sei nun einer, der Kontinuität bringe, aber auch offen sei für neue pastorale Wege. "Er steht für das Synodale in der Kirche und insbesondere für die Ökumene. Ich habe ihm versichert, dass sich die Gläubigen im Bistum Aachen auf ihren neuen Bischof freuen", erklärt Manfred von Holtum. Er habe Dieser, der 1962 in Neuwied geboren wurde, inzwischen sogar persönlich getroffen. Sehr herzlich und menschlich und in entspannter Atmosphäre sei das Gespräch verlaufen.
Dieser in Aachen kein unbeschriebenes Blatt
Überhaupt scheint Dieser in Aachen kein unbeschriebenes Blatt zu sein. Er kenne den neuen Bischof seit Jahren persönlich, verrät der Aachener Diözesanadministrator und Weihbischof Karl Borsch im Gespräch mit katholisch.de. Schon bei dessen Bischofsweihe im Jahr 2011 war Borsch dabei. Für ihn ist Dieser ein "erfahrener Seelsorger", dessen "Rat als ausgewiesener Theologe" auch innerhalb der Deutschen Bischofskonferenz gefragt sei. Dort ist Dieser Mitglied in der Glaubens- und Pastoralkommission.
Auch außerhalb Aachens verbreitet sich die Kunde schnell. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx gratuliert Dieser zur Wahl. Er bringe mit seiner "verbindlichen und fröhlichen Art" beste Voraussetzungen für die neue Aufgabe mit. Diesers "theologische Weite" sei eine Inspiration. Auch für Zdk-Präsident Thomas Sternberg ist der 54-Jährige ein "dialogfähiger, ökumenisch interessierter und den Menschen zugewandter Mann". Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft wünscht dem Geistlichen für sein neues Amt die "nötige Kraft, Weitsicht und Besonnenheit", vor allem aber Gottes Segen.
Und Dieser selbst? Der äußert sich am Freitag zu Hause in Trier: "Etwas Großes" trete in sein Leben. Er freue sich auf die Menschen im Bistum Aachen und werde sich dort sicher schnell heimisch fühlen: Schließlich sei ihm durch seine rheinische Heimat der Karneval in die Gene geschrieben. Ob das wirklich so kommt, kann natürlich erst die Zeit zeigen – in Aachen zeigte sich am Freitag aber schon mal durchgehend die strahlende Sonne. Vielleicht ist das ja ein gutes Omen.