Umbau der Hedwigskathedrale beschlossen
Sechs Minuten dauerte es, bis Erzbischof Heiner Koch am Dienstagnachmittag zur Sache kam. "Wir werden die einzige Kathedrale haben, die eine Rundkirche ist", sagt er während einer Pressekonferenz in Berlin. Durch das Fenster hinter ihm ist der Bau aus dem 18. Jahrhundert zu sehen, um den es geht: die Berliner Hedwigskathedrale. Wenige Stunden später wird seine Entscheidung schließlich auch als Hirtenwort in allen Gemeinden des Erzbistums verlesen: Ja, es wird einen Umbau geben. Und ja, auch die Bodenöffnung wird geschlossen.
Man bleibe allerdings im Gespräch darüber, wie der Umbau nun im Detail aussehen werde. "Wir werden Schritt für Schritt gehen", sagte Erzbischof Koch. Den Umbau nannte er einen "inneren Weg für das Bistum". Er hoffe, dass auch die ihn mitgehen, die den Umbau kritisch sehen. Er selbst habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht. Täglich habe er Post zu dem Thema erhalten, oft habe er in der Kirche gesessen und den Raum auf sich wirken lassen. "Die Entscheidung für einen Umbau ist keine Geringschätzung der jetzigen Baugestalt." Auf diese Feststellung legt Koch Wert und fordert bei allem Streit um die Form einen respektvollen Umgang miteinander.
Koch hat viele Gespräche geführt
Koch hat mit vielen Menschen über das Projekt gesprochen. Neben einem Fachsymposium, bei dem unter anderem auch der Denkmalschutz beteiligt war, wurden alle Gremien des Erzbistums um ihr Votum für oder gegen die Umgestaltung gebeten. "Das ist kein Volksentscheid", sagte Koch, aber alle Gremien seien dafür gewesen, dass man "den Weg weitergeht". Koch stellte sich immer wieder die Frage, wie der Sakralbau am besten in die Stadt Berlin ausstrahlen könne. "Wie wird es ein heiliger Ort? Wie sprechen wir die Leute an, die nicht getauft sind?" Dabei gehe es auch um die Wirkung des Vorraumes zum heutigen Augut-Bebel-Platz.
In den nächsten Monaten sollen die Pläne mit den Architekten diskutiert und angepasst werden. So werde etwa die Frage diskutiert, ob Stühle oder Bänke in die Kirche kommen. Auch eine Erhöhung der Altarinsel sei geplant. Der kreisrunde Innenraum werde auch eine andere Liturgie erfordern, als Kirchenräume, die sich an einer Längsachse orientieren. Baubeginn werde nicht vor 2018 sein, sagte Koch. Die Zeit werde benötigt, um die Pläne anzupassen und mit allen Beteiligten zu diskutieren. Auch die Zustimmung der Berliner Denkmalpflege zum Umbau steht noch aus. Das Erzbistum rechnet mit einer Bauzeit von mindestens zwei Jahren.
60 Millionen Euro soll das Projekt insgesamt kosten. In der Summe enthalten ist auch der Umbau des benachbarten Bernhard-Lichtenberg-Hauses und eine neue unterirdische Sakristei unter der Hoffläche zwischen den beiden Gebäuden. Probleme bei der Gründung dieses neuen Kellergeschosses erwartet Architekt Peter Sichau nicht. Man habe den Baugrund flächendeckend untersucht.
So soll der Umbau bezahlt werden
Koch will die geplanten Kosten nicht überschreiten und erinnerte an die zurückliegende Finanzkrise des Erzbistums: "Ein solches Drama wie vor zehn Jahren darf sich nicht wiederholen." Auch Seelsorge und Caritas würden auf keinen Fall beschnitten, um sich den neuen Kirchenraum leisten zu können. 20 Millionen Euro habe man in den vergangenen Jahren bereits für die Sanierung zurückgelegt. Weitere 20 Millionen Euro sollen die anderen Diözesen zur Sanierung beitragen – teils als Umlage aller deutschen Bistümer, teils als Spende "reicherer Diözesen". "Wir können ein solches Großprojekt nicht alleine stemmen", sbegründete Koch. Gleichzeitig erinnerte er aber auch daran, dass die Hedwigskathedrale als Bischofskirche der Bundeshauptstadt Bedeutung für ganz Deutschland habe. Die restlichen 20 Millionen will Koch bei Spendern und Sponsoren einwerben. Eine Summe, die er als realistisch einschätzt.
Hauptgrund für den jahrelangen Streit um den Umbau ist vor allem das "Loch in der Mitte", eine Bodenöffnung im Kircheninneren mit einer Treppe zur Krypta. Diese war vom Düsseldorfer Architekten Hans Schwippert entworfen worden. Nachdem die Berliner Kathedrale im Zweiten Weltkrieg bis auf die Außenmauern zerstört worden war, wurde sie zwischen 1952 und 1963 wieder aufgebaut. Schwippert schuf dabei das charakteristische Loch, das auch als Zugang zur Unterkirche mit acht neuen Kapellen dient.
Nachdem der Sanierungsbedarf in den vergangenen Jahren immer deutlicher wurde, schrieb der damalige Berliner Erzbischof, Kardinal Rainer Maria Woelki, 2013 einen Architekten-Wettbewerb zur Sanierung und Neugestaltung der Kathedrale aus. Das Preisgericht entschied sich 2014 für den Entwurf des Fuldaer Architektenbüros Sichau und Walter sowie des Wiener Künstlers Leo Zogmayer. Nach diesen Plänen soll die Öffnung in der Kathedrale geschlossen werden und stattdessen ein kreisrunder Altar genau im Zentrum des Kuppelbaus stehen. Die Krypta darunter soll weiterhin die Gräber der Bischöfe und Märtyrer, unter anderem des seligen Bernhard Lichtenberg, beherbergen. Zusätzlich soll der Raum als Tauf- und Beichtkapelle dienen.
Neben der offensichtlichen Umgestaltung des Innenraumes sollen vor allem bauphysikalische und technische Probleme behoben werden. Durch schadhafte Dachteile gibt es Feuchteschäden an den Wänden, die Elektroinstallation ist veraltet und unzureichend. Auch die Sanitärinstallationen sind nicht mehr zeitgemäß und die Heizkosten durch mangelnde und fehlerhafte Isolation und eine teilweise defekte Heizungs- und Lüftungsanlage besonders hoch.
Auch ein Projekt der Bischofskonferenz soll umgesetzt werden
In einem Nebensatz Kochs wurde zudem deutlich, wie es um die Pläne für ein "Wissenschaftsforum" der Deutschen Bischofskonferenz steht. Seit Jahren wird darum gerungen, wie katholische Kirche und katholische Theologie eine stärkere Präsenz in der Bundeshauptstadt zeigen können. Dieses "Wissenschaftsforum" soll nach den Worten des Erzbischofs nun Platz im neuen Bernhard-Lichtenberg-Haus finden. Dazu werde ein Gebäudeteil abgerissen und neu gebaut, ein Altbau umfassend saniert. In den Räume sollen auch die Domgemeinde, das Domkapitel und der Domchor, das Kathedralforum und ein "niedrigschwelliges Caritasangebot" untergebracht werden. Rund 17 der insgesamt 60 Millionen Euro werden dafür veranschlagt.
Mit der Entscheidung für den Umbau verkündete Erzbischof Koch zudem auch eine Personalie. Zuständig für den Umbau von Kathedrale und Bernhard-Lichtenberg-Haus wird der neue Dompropst, Tobias Przytarski. Der 57-Jährige ist zugleich Generalvikar des Erzbistums. Er folgt auf Prälat Ronald Rother, der aus Altersgründen im Juni von dem Amt zurückgetreten war.