Die politischen Positionen von Papst Franziskus und Donald Trump

Mehr Konflikt als Übereinstimmung

Veröffentlicht am 10.11.2016 um 16:00 Uhr – Lesedauer: 
Mehr Konflikt als Übereinstimmung
Bild: © KNA
US-Wahl

Bonn ‐ Papst Franziskus und der künftige US-Präsident Donald Trump könnten eigentlich nicht unterschiedlicher sein. Zwischen ihren politischen Zielen liegen Welten - es gibt jedoch auch Gemeinsamkeiten.

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Die Wahl von Donald Trump zum nächsten US-Präsidenten hat die Weltpolitik überrascht. Noch am Tag vor der Wahl hatten die Umfragen den Wahlsieg der demokratischen Kandidatin Hillary Clinton vorausgesagt. Angesichts des harten Wahlkampfs und der radikalen Positionen von Trump befürchten viele Länder eine Verschlechterung ihrer politischen Beziehungen zu den USA. Auch der Vatikan muss sich fragen, wie eine sinnvolle Zusammenarbeit mit der Regierung eines Präsidenten Trump funktionieren könnte.

Papst Franziskus und Donald Trump hatten sich bereits Anfang des Jahres einen Schlagabtausch geliefert. Nach seinem Mexikobesuch im Frühjahr erklärte der Pontifex zur Ankündigung Trumps, eine Mauer zwischen Mexiko und den USA bauen zu lassen: "Ein Mann, der nur daran denkt, Mauern statt Brücken zu bauen, ist nicht christlich, das ist nicht das Evangelium". Darauf hatte Trump einige Tage später geantwortet, dass er sich nicht sein Christsein absprechen lassen wolle. "Wenn der Vatikan vom Islamischen Staat angegriffen wird, wird sich der Papst noch wünschen und dafür beten, dass Donald Trump Präsident ist", konterte er die Aussagen des Papst.

Da Trump aber bald der mächtigste Mann der Welt und der Führer von "God´s Own Country" sein wird, muss sich der Vatikan wohl oder übel mit ihm politisch arrangieren. Katholisch.de stellt einige Themenbereiche und Politikfelder vor, in denen dies gelingen könnte und andere, wo eher keine Einigung erzielt werden dürfte.

Religionsfreiheit

Papst Franziskus unterstützt die Religionsfreiheit. Bei seinem USA-Besuch 2015 bezeichnete er die Religionsfreiheit als einen der "wertvollsten Schätze" Amerikas. Auch Donald Trump hat sich immer wieder für die Religionsfreiheit ausgesprochen. Er sagte, er werde sich als Präsident dafür einsetzten, dass "religiöse Orden, wie die Kleinen Schwestern der Armen, aufgrund ihres Glaubens nicht von der Bundesregierung diskriminiert werden". Damit spielte er auf eine Kontroverse zwischen dem katholischen Orden und der Obama-Regierung an: Die Nonnen weigerten sich, Verhütungsmittel im Rahmen von Obama-Care zu finanzieren. Allgemeine Religionsfreiheit scheint Trump, anders als Franziskus, nicht verteidigen zu wollen. Seine populistischen Äußerungen zu Muslimen führen zu diesem Schluss. Eine Zusammenarbeit zwischen Papst und Präsident scheint daher beim Thema Religionsfreiheit nur teilweise möglich zu sein, da sie bei diesem Punkt eine unterschiedliche Auffassung haben.

Schutz der Christen im Nahen Osten

Trump und Franziskus haben beide die bedrohliche Situation der Christen in Nahost im Blick. "Der IS treibt das, was er „die Nation des Kreuzes“ nennt, für einen Genozid zusammen", so Trump. Wie jedoch ein Einsatz für die Christen im Kriegsgebiet aussehen kann, ist unklar. Eine militärische Intervention wäre denkbar, aber sehr langwierig und unabsehbar im Ausgang. Der argentinische Papst hat mehrfach vehement zum Frieden in der Welt aufgerufen. Im Sinne von Franziskus wäre ein unsicherer Militärschlag gegen den IS sicher nicht. Auch wenn er, genauso wie Trump, die Christen in den Ländern des mittleren Ostens schützen will.

Demonstration vor einer Filiale von Planned Parenthood
Bild: ©dpa/Picture Alliance

Vor seiner Kandidatur hat Donald Trump unter anderem die umstrittene Lebensschutz-Organisation "Planned Parenthood" unterstützt.

Lebensschutz

Einige Kommentatoren haben den Ausgang der Präsidentenwahl dahingehend interpretiert, dass die Bürger sich mit der Entscheidung für Trump gegen die Abtreibung bis in die letzten Wochen vor der Geburt ausgesprochen haben. Trump hatte damit geworben, Abtreibungen nur noch in Ausnahmefällen erlauben zu wollen. In diesem Punkt kann er auf Franziskus als Verbündeten zählen. Der Papst macht sich für das Lebensrecht auch ungeborener Kinder stark. Fraglich ist jedoch, wie Trump als US-Präsident Abtreibungen einschränken will, da dies in die Zuständigkeit der Bundesstaaten fällt. Sie können für Schwangerschaftsabbrüche eigene Bestimmungen erlassen. Über die Besetzung der Richter des Obersten Gesetzhofes könnte er die Weichen für "Pro-Life" stellen. Umstritten ist aber auch diese Position Trumps, da er bis Ende der 1990er Jahre Spätabtreibungen befürwortet hatte.

Gleichgeschlechtliche Ehe

Bei der sogenannten Homo-Ehe bestehen große Überschneidungen zwischen Trump und Franziskus. Beide lehnen die eheliche Verbindung von Homosexuellen ab und wollen die traditionelle Familie stärken. Besonders Trumps Vize-Präsident Mike Pence wird als einer der homosexuellen-feindlichsten Gouverneure der USA gesehen. Durch die Besetzung der Richter des höchsten US-Gerichts könnte die Regierung Trumps hier großen Einfluss auf die Rechtsprechung in den USA zum Thema Homo-Ehe nehmen.

Todesstrafe

Die Todesstrafe ist ein Punkt, bei dem Papst Franziskus und Trump deutlich unterschiedliche Auffassungen vertreten. Während das Kirchenoberhaupt sich mehrfach für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe ausgesprochen hat, ist der nächste Präsident der USA  ein entschiedener Befürworter der höchsten Strafe. "Die Todesstrafe. Die sollte wieder kommen und dies stark", sagte Trump dem konservativen US-Sender Fox News in einem Interview. Franziskus wird mit Trump an der Spitze der USA wenige Möglichkeiten haben, um die Todesstrafe endgültig abzuschaffen.

Papst Franziskus mit Sombrero
Bild: ©KNA

Franziskus kritisierte Donald Trump nach seiner Mexikoreise scharf. Dessen Vorschlag, eine Mauer zwischen Mexiko und den USA zu bauen, sei "nicht christlich", so der Papst.

Einwanderung

Die Migration in die USA einzudämmen und die US-Grenze zu sichern – das hatte Trump im Falle eines Wahlsieges versprochen zu tun. Sogar den Bau einer Mauer zu Mexiko hatte er verkündet. Ob die Mauer errichtet wird ist fraglich, aber eine verschärfte Einwanderungspolitik wird Trump in jedem Fall realisieren. Damit steht er im Gegensatz zu Papst Franziskus. Dieser hatte ihn für seine Äußerung zum Mauerbau scharf kritisiert. Franziskus hält es nicht für menschlich, Türen und Herzen zu verschließen. "Einwanderung ist ein Recht, aber ein sehr reglementiertes Recht", so das Oberhaupt der katholischen Kirche. Er habe Verständnis bei Vorbehalten zur Aufnahme von Flüchtlingen, befürworte aber grundsätzlich die Migration.

Klimaschutz

Der Umweltschutz liegt dem Papst sehr am Herzen. Seine Enzyklika "Laudato Si" widmete er eigens diesem Thema. Franziskus ruft dazu auf, die Atmosphäre zu schützen und die Klimaerwärmung zu stoppen. Für Trump ist letztere jedoch keine Realität. Er hält die menschengemachte Klimaerwärmung für ein von den Chinesen erfundenes Märchen und setzt wirtschaftlichen Fortschritt vor den Klimaschutz. Trump sieht keine Alternativen zur Energiegewinnung aus Kohle und Kernkraft. Dennoch zeigt er sich gegenüber den Befürwortern von Solar- und Windenergie versöhnlich: "Ich bin ein großer Anhänger aller Energien." Die finanzielle Unterstützung der USA zur Eindämmung des Klimawandels will er hingegen einstellen. Mit Papst Franziskus kommt er so auf keinen grünen Zweig.

Von Roland Müller