Marx widerspricht Söders Kirchenschelte
Kardinal Reinhard Marx hat sich energisch gegen Äußerungen des bayerischen Finanzministers Markus Söder (CSU) gewandt, wonach sich die Kirche aus der Politik heraushalten solle. Zwar seien die Bischöfe keine Politiker, doch viele Christen seien in der Politik tätig, denn die Gestaltung der Welt gehöre zum christlichen Auftrag, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz am Donnerstag in Freising. Diese Gestaltung müsse sich an Grundprinzipien messen lassen.
Söder, der evangelisch ist und der bayerischen Landessynode angehört, hatte jüngst in einem Interview gesagt: "Der Staat soll sich um seine Angelegenheiten kümmern, die Kirche um ihre." Marx entgegnete, diese Aufteilung sei nicht im Sinne der katholischen Soziallehre. Die im 19. Jahrhundert begründete Soziallehre fragt nach den politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und spirituellen Voraussetzungen des menschlichen Zusammenlebens.
Der Münchner Erzbischof erinnerte zugleich daran, dass Barmherzigkeit und Gerechtigkeit zusammengehörten. Der CSU-Politiker hatte gesagt, im Gegensatz zur Kirche könne der Staat nicht immer barmherzig sein, sondern müsse für nachvollziehbare Gerechtigkeit sorgen. Kritiker der gegenwärtigen Flüchtlingspolitik stellen der vermeintlichen "Gesinnungsethik" humanen Handelns immer wieder die "Verantwortungsethik" im Sinne des Soziologen Max Weber gegenüber.
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Der bayerische Finanzminister Markus Söder spricht über Barmherzigkeit und Gerechtigkeit. Dabei rät er der Kirche, sich lieber auf den Glauben zu konzentrieren.Mit Blick auf die Konflikte zwischen CSU und Kirchen um Asyl und Integration betonte Marx, man sei mit der Politik im guten Gespräch. "Ich möchte keinen Streit, kann aber von den Grundpositionen nicht abgehen." So könne es ein Bischof nicht hinnehmen, dass im Mittelmeer weiter Menschen ertränken. Auch stehe einem Flüchtling, der an die Grenze komme, ein faires Verfahren zu. Zudem müsse alles getan werden, damit Menschen nicht aus ihrer Heimat fliehen müssten, so der Kardinal. Er verwies zugleich darauf, dass die CSU nicht nur Probleme mit der Kirche habe, sondern auch mit der Schwesterpartei CDU.
Bischöfe gegen Mittelkürzungen für minderjährige Flüchtlinge
Marx sprach beim Abschluss der Herbstvollversammlung der Freisinger Bischofskonferenz. Dabei warnten die bayerischen Bischöfe erneut vor Kürzungen staatlicher Mittel für die Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge und junger Erwachsener. Unter diesen seien besonders viele junge Männer, die Gefahr laufen könnten, in die falschen Fänge zu geraten, sagte Marx, der Vorsitzende der Freisinger Bischofskonferenz.
Der Kardinal ergänzte, es gehe nicht in erster Linie darum, dass die besonders Schutzbedürftigen sich radikalisieren könnten. Ihnen müsse geholfen werden, stabil zu werden und in der Gesellschaft Fuß zu fassen. Zugleich gehe es darum, den jungen Leuten eine entsprechende Werteorientierung zu vermitteln. Die Bischöfe seien der Auffassung, "dass alle menschenmöglichen Anstrengungen unternommen werden sollten, um diese jungen Menschen in unsere Gesellschaft zu integrieren". Unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen dürften dabei aber nicht gegeneinander ausgespielt werden.
Integration sei ein "großes Wort, leicht ausgesprochen, schwer umgesetzt", räumte Marx ein. Die Kirche wolle ihren Teil dafür leisten und könne aus ihren eigenen Erfahrungen mit Priestern und Ordensleuten aus anderen Kulturkreisen zumeist Positives berichten. In Einrichtungen der bayerischen Caritas gibt es den Angaben des Kardinals zufolge gegenwärtig rund 3.000 Plätze für unbegleitete minderjährige Asylsuchende, 2015 waren es 2.500. Zugleich dankten die Bischöfe allen Helfern in Kirchen und Gesellschaft bei der Betreuung und Integration der Flüchtlinge.
Bischöfe würdigen Rekordzahlen an Katholischer Universität
Zudem zeigten sich die bayerischen Bischöfe zufrieden über die Rekorde bei Studenten sowie Fördermitteln an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU). "Wir sind jetzt in einer guten Spur", sagte Marx. Die Zahlen von Studierenden und Lehrkräften an der Uni seien auf einem konstant hohen Niveau. So liege die Zahl der Studenten bei 5.400, die eingeworbenen Drittmittel seien auf sieben Millionen Euro gestiegen.
Die KU zeige, dass die katholische Kirche im Freistaat einen Leuchtturm für die wissenschaftliche Arbeit habe, sagte Marx. Dabei würdigte er auch die engagierte Arbeit des Augsburger Weihbischofs Anton Losinger als KU-Stiftungsratschef. Die KU wird von den sieben Diözesen im Freistaat getragen. Diese hatten ihre Zuschüsse jüngst auf rund 15 Millionen Euro jährlich erhöht.
Positiv sieht der Kardinal außerdem, dass die Vernetzung der katholischen Hochschullandschaft in Bayern voranschreitet. So haben die Leitungen der KU, der von den Jesuiten getragenen Hochschule für Philosophie (HfPh) in München und der dortigen Katholischen Stiftungsfachhochschule (KSFH) eine Kooperationspartnerschaft ins Leben gerufen. Deren Bestandteile sind ein Promotionsprogramm sowie ein Zentrum für Ethik der Medien und der digitalen Gesellschaft. Gerade letzteres sei ein wichtiges Thema für die Zukunft, sagte der Kardinal mit Blick auf den zurückliegenden US-Wahlkampf. Die Auftaktveranstaltung der Kooperation ist für 30. November geplant. (luk/KNA)