Vorerst keine Antwort auf Kardinalsbrief
Der Vatikan wird vorerst nicht auf den Brief von vier Kardinälen antworten, die vom Papst mehr Klarheit im Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen fordern. Die Glaubenskongregation handele und spreche "mit der Autorität des Papstes" und könne sich "am Streit der Meinungen nicht beteiligen", sagte ihr Präfekt, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, am Donnerstag in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Rom. Müller verwies darauf, dass der Brief an den Papst persönlich gerichtet sei. Dieser könne allerdings die Glaubenskongregation "ad hoc beauftragen, den Meinungsstreit zu schlichten". Die Glaubenskongregation ist für alle Fragen der kirchlichen Glaubens- und Sittenlehre zuständig.
Vier Kardinäle fordern Klarheit
Zu den vier Kardinälen, die kürzlich ihre Anfrage an den Papst publik gemacht hatten, gehören auch der frühere Kölner Erzbischof Kardinal Joachim Meisner und der deutsche Kardinal Walter Brandmüller. Weitere Unterzeichner sind der US-amerikanische Kardinal Raymond Leo Burke sowie der frühere Erzbischof von Bologna, Carlo Caffarra. Sie fordern vom Papst unter anderem eine Klärung, ob eine Kommunionzulassung von wiederverheirateten Geschiedenen nach seinem Schreiben "Amoris laetitia" nun in Ausnahmefällen möglich sei. Die Veröffentlichung des Briefs begründeten die vier Kardinäle damit, dass Franziskus entschieden habe, ihnen nicht zu antworten und sie die weitere Debatte über dieses Thema fördern wollten.
Standpunkt: Das Poltern der alten Kirchenmänner
Christoph Strack über die Diskussion um das Verständnis von "Amoris Laetitia"Der Präfekt der Glaubenskongregation rief zu einer Versachlichung der Debatte über "Amoris laetitia" auf. "Im Moment ist es für jeden von uns wichtig, sachlich zu bleiben und sich nicht in eine Polarisierung hineintreiben zu lassen oder sie gar noch anzuheizen", sagte Müller. Zum strittigen Punkt selbst, ob nach "Amoris laetitia" wiederverheiratete Geschiedene in begründeten Einzelfällen zur Kommunion zugelassen werden dürfen, äußerte sich Kardinal Müller in dem Interview nicht direkt. Er betonte jedoch, dass dieses Schreiben nicht so interpretiert werden dürfe, als seien frühere Aussagen von Päpsten und der Glaubenskongregation nicht mehr gültig.
Unauflöslichkeit der Ehe als "unerschütterliche Lehrgrundlage"
Ausdrücklich nannte er die offizielle Antwort der Glaubenskongregation auf das Hirtenschreiben der drei oberrheinischen Bischöfe von 1993 zum Kommunionempfang von wiederverheirateten Geschiedenen. Darin lehnte Kardinal Joseph Ratzinger als damaliger Präfekt der Kongregation den Vorstoß der Bischöfe ab, den Betreffenden in Einzelfällen den Kommunionempfang zu ermöglichen. Die Unauflöslichkeit der Ehe müsse die "unerschütterliche Lehrgrundlage für jede pastorale Begleitung" sein, betonte Müller. Zugleich wolle Franziskus allen, deren Ehen und Familien sich in einer Krise befinden, helfen, "einen Weg in Übereinstimmung mit dem immer gnädigen Willen Gottes zu finden".
Müller wies zudem Berichte über angebliche Grabenkämpfe im Vatikan zurück. Gerüchte und Stereotypen vom "Machtkampf hinter den Kulissen oder den 'hohen Mauern des Vatikan' zwischen Reformern und Bremsern" zeigten nur, "wie das Denken und Wahrnehmen von Machtkategorien verdorben sind". Es gehe um "den Sieg der Wahrheit und nicht um den Triumph des Macht". (KNA)