Eine ganz andere programmatische Rede
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Das ist eine programmatische Rede ganz anderer Art, denke ich, als ich kurz nach der Antrittsrede des US-Präsidenten Trump das heutige Evangelium zum ersten Mal zur Hand nehme. Aufwändig inszeniert ist der Auftritt Jesu auch, vom Evangelisten zu einer Grundsatzrede stilisiert. Im Evangelium hören wir aber nicht: "Wir zuerst" und "wir werden siegen", sondern im Gegenteil: Selig, wer den Kürzeren zieht; selig, die zu den Verlierern gehören.
Unsere Welt tickt ganz anders, sie ist besser beschrieben durch die Seligpreisungen, die Heinrich Fries so formuliert hat: "Verraten sind die Armen, denn sie haben nichts einzubringen. Verraten sind die Sanftmütigen, denn sie werden an die Wand gedrückt. Verraten sind, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit, denn Macht geht vor Recht und Geld regiert die Welt."
Und auch mein Verhalten entspricht dem Programm Jesu nicht, im Gegenteil – mir bleibt schon beim Lesen die Puste weg. Sind die Seligpreisungen also nicht nur ziemlich weltfremd, sondern auch eine Überforderung?
Ich wage einen zweiten Blick in den Text und stelle fest: Die Seligpreisungen wollen uns gar nicht mit Geboten in die Pflicht nehmen, wie das bekannte "Du sollst" des Ersten Testamentes; die Bergpredigt ist gar keine Moralpredigt. Jesus steht nicht da, um eine dicke Portion Moralin zu verabreichen.
Die Seligpreisungen sind nicht Forderung sondern Verheißung und Zusage. "Selig, die arm sind vor Gott…" heißt, selig sind wir, auch wenn wir nichts vorzuweisen haben. Selig-Sein hängt nicht davon ab, dass wir es erarbeiten. Jesus malt hier ein leuchtendes Bild, wie er sich gelingendes Leben vorstellt. Ihm geht es nicht darum, dass wir Erfolge produzieren und Sieger sind, er befreit uns von der Not gewinnen zu müssen, statt leben zu dürfen.
Und es gibt sie, Menschen, denen es gelingt, zu vertrauen, dass sie bei Gott geborgen sind und sich nicht auf Kosten anderer absichern und gut stellen müssen; Menschen, die sich voller Leidenschaft für eine gerechtere Welt einsetzen. Es gibt Menschen, denen die Nähe Gottes so viel Selbstbewusstsein gibt, dass sie anderen auch in Konflikten gewaltfrei, friedvoll und barmherzig begegnen können.
Ich bin froh, dass Jesus mir diese Möglichkeiten vor Augen stellt und mir versichert, dass sie menschenmöglich sind. Ich bin froh, der Sieger-Programmatik nicht ausgeliefert zu sein, sondern Jesu leuchtende Orientierung zu kennen, die mich in dieser Richtung gelingendes Leben suchen lässt.
Evangelium nach Matthäus (Mt 5, 1-12a)
In jener Zeit als Jesus die vielen Menschen sah, die ihm folgten, stieg er auf einen Berg. Er setzte sich, und seine Jünger traten zu ihm.
Dann begann er zu reden und lehrte sie. Er sagte: Selig, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich. Selig die Trauernden; denn sie werden getröstet werden.
Selig, die keine Gewalt anwenden; denn sie werden das Land erben. Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; denn sie werden satt werden.
Selig die Barmherzigen; denn sie werden Erbarmen finden. Selig, die ein reines Herz haben; denn sie werden Gott schauen.
Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Söhne Gottes genannt werden. Selig, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihnen gehört das Himmelreich.
Selig seid ihr, wenn ihr um meinetwillen beschimpft und verfolgt und auf alle mögliche Weise verleumdet werdet. Freut euch und jubelt: Euer Lohn im Himmel wird groß sein.