Drehen an Uhren und Rädern
Wenn man es sich genau überlegt, ist die Zeitumstellung im Frühling aus katholischer Perspektive ein ziemlicher Skandal. Immerhin wird dem Tag des Herrn dadurch eine wertvolle Stunde genommen. Ganz zu schweigen von den Gläubigen, die wegen der Umstellung der Uhren den Gottesdienst erst ab dem Schlusssegen mitbekommen. Der Autor dieser Zeilen hat es sogar schon erlebt, dass ein Taufpate sein Patenamt nicht antreten konnte, weil er wegen der Zeitumstellung nicht rechtzeitig zur Kirche kam. Das ritualisierte Drehen an der Uhr - für Katholiken bringt es nur Nachteile mit sich.
Nicht an der Uhr, wohl aber am Rad dürften am Sonntag die Genossen von der SPD gedreht haben. Immerhin ist nach der Niederlage bei der Saarland-Wahl wahlamtlich bewiesen, dass Martin Schulz, der gefeierte Messias der Sozialdemokratie, doch keine Wunder vollbringen kann. Statt übers Wasser ging Schulz mit seinen Genossen in der Saar baden - und beinahe unter. Mit der schon fest eingeplanten Heiligsprechung von "Sankt Martin" wird es so nichts werden - und einen Wallfahrtsort Würselen wird es im Bistum Aachen wohl bis auf weiteres auch nicht geben.
Die Uhren am liebsten in Vor-Franziskus-Zeiten zurückdrehen würde Raymond Leo Burke. Der Früher-war-alles-besser-Kardinal lässt seit Monaten keine Gelegenheit aus, dem Heiligen Vater auf die Nerven zu gehen. Regelmäßig erinnert Burke an die immer noch einer päpstliche Antwort harrenden Dubia zu "Amoris laetitia". Zuletzt äußerte sich der Kardinal am Wochenende erneut zu diesem Thema - und drohte einmal mehr mit einer formalen Zurechtweisung des Papstes. Ob Franziskus schon die Knie schlottern? Allerdings muss Burke langsam aufpassen, dass er nicht als bloßer Ankündigungskardinal in die Geschichte eingeht. Lieber Kardinal Burke, wer den Stein in die Hand nimmt, muss irgendwann auch bereit sein, ihn zu werfen!
Vollgas Richtung Vergangenheit unterwegs sind seit dieser Woche endgültig auch die Briten. Der Antrag zum Austritt aus der EU wurde am Mittwoch in Brüssel übergeben, laut Premierministerin Theresa May gibt es nun keinen Weg mehr zurück. Man darf gespannt sein, was den Nostalgikern auf der Insel als nächstes einfällt. Ein Volksentscheid über die Wiedereinführung der Pub-Sperrstunde? Ein Fahrverbot für motorisierte Droschken in der Londoner Innenstadt? Und natürlich ganz wichtig: Ein Referendum zur Wiedereinführung weltweiter britischer Macht und Herrlichkeit!
Dass sich die Uhren aber sogar in Großbritannien manchmal Richtung Zukunft bewegen, zeigte in dieser Woche eine Meldung aus Leicester. Angesichts des "kulturellen Wandels" will die anglikanische Kirche dort einen Bischof für ethische Minderheiten installieren. Klingt innovativ, ist allerdings bei genauerer Betrachtung ein ziemlich alter Hut. Schließlich gibt es in sogar Bayern schon lange einen Bischof nur für Protestanten…