Schwester Veronica Krienen über das Sonntagsevangelium

Nie mehr allein

Veröffentlicht am 20.05.2017 um 17:45 Uhr – Lesedauer: 4 MINUTEN
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Bonn ‐ Alleinsein ist nicht einfach - darum geht es im heutigen Sonntagsevangelium. In seiner Abschiedsrede gibt uns Jesus deshalb ein Versprechen, eines, das Schwester Veronica Krienen an ein Lied von Johnny Cash denken lässt.

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Das Autoradio läuft, ich höre kaum hin, bis auf einmal an mein Ohr dringt: "Feeling unknown, and you're all alone … someone who cares". Das weckt mich auf, noch bevor ich Johnny Cashs Song "Personal Jesus" richtig erkenne. Melodie und Text wecken jenen tiefen Punkt in mir, an dem ich zu jeder Zeit die Sehnsucht finden kann, dass jemand verlässlich bei mir sein möge, sich um mich kümmern möge – "someone who's there … someone who cares".

Alleinsein ist nicht einfach. Schon Kinder lernen nicht leicht, allein zu bleiben, wenn die Eltern weggehen: Du bist und bleibst sicher geborgen, in verlässlicher Beziehung, auch wenn Mama nicht neben dir sitzt und berührbar ist. Wenn ein Kind dieses innere Wissen durch ein paar Stunden halten kann, ist das ein riesiger Entwicklungsschritt.

Und auch im erwachsenen Alter bleibt es schwierig.  Radio und Fernsehen helfen zuweilen das Gefühl herzustellen, es sei noch jemand da – "someone who's there". Vor allem wenn es ernst wird im Leben, wenn es um echte menschliche Herausforderungen, um große Erschütterungen und Abschiede geht, merken wir: Letztlich sind wir allein.

Jesus öffnet uns eine andere Perspektive. In seiner Abschiedssituation greift er auf ein elterliches Bild zurück: "Ich lasse Euch nicht als Waisen zurück". Er verspricht, einen Tröster zu schicken, einen Freund, Ratgeber, Beistand, der für uns eintritt, der immer da ist.

"Ihr seid in mir und ich bin in euch", ganz eng und intim beschreibt Jesus diese verborgene Wirklichkeit. Jesus spricht von Liebe und Vertrauen zwischen ihm und uns, die so tragfähig werden können, dass sie in schwierigen Zeiten Halt geben. Die Frage ist nur: Kann man das spüren, erfahren oder wenigstens lernen, daran zu glauben?

Jesus verheißt, dass der Beistand wirksam und erfahrbar wird, wenn wir seine Liebe weitergeben und uns mit seiner Weisung für unser Leben beschäftigen. Spürbares Vertrauen wächst, so Jesus, wenn wir uns von seinem Projekt, dem Reich Gottes unter uns, bewegen lassen in unserem Denken, Fühlen und Handeln.

Auf dem Lernweg von Kindern helfen übrigens auch sogenannte Übergangsobjekte. Etwas Sichtbares und Greifbares erinnert an die tröstende Gegenwart der Eltern. Jesus hat auch da für uns gesorgt und gibt uns solche Zeichen auf unserem lebenslangen Lernweg des Vertrauens. Diese Zeichen wollen uns seine Anwesenheit in Abwesenheit greifbar machen: Sein Wort in der Schrift gehört dazu, die Gemeinschaft der Glaubenden, das gemeinsame Mahl, in dem Jesus selbst gegenwärtig ist. Denn Jesus ist "someone who cares"! Ich will es immer wieder neu glauben.

Von Sr. Veronica Krienen OSB

Evangelium nach Johannes (Joh 14, 15-21)

In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten. Und ich werde den Vater bitten, und er wird euch einen anderen Beistand geben, der für immer bei euch bleiben soll.

Es ist der Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, weil sie ihn nicht sieht und nicht kennt. Ihr aber kennt ihn, weil er bei euch bleibt und in euch sein wird. Ich werde euch nicht als Waisen zurücklassen, sondern ich komme wieder zu euch.

Nur noch kurze Zeit, und die Welt sieht mich nicht mehr; ihr aber seht mich, weil ich lebe und weil auch ihr leben werdet.

An jenem Tag werdet ihr erkennen: Ich bin in meinem Vater, ihr seid in mir und ich bin in euch. Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es, der mich liebt; wer mich aber liebt, wird von meinem Vater geliebt werden und auch ich werde ihn lieben und mich ihm offenbaren.

Die Autorin

Sr. Veronica Krienen OSB lebt als Benediktinerin in Köln. Die Psychologin arbeitet im Edith-Stein-Exerzitienhaus und in der Ausbildung des Ordensnachwuchses.

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Katholisch.de nimmt den Sonntag stärker in den Blick: Um sich auf die Messe vorzubereiten oder zur Nachbereitung bieten wir jeden Sonntag den jeweiligen Evangelientext und einen kurzen Impuls an. Die Impulse stammen von Ordensleuten und Priestern.