Ewige Entscheidung mit temporären Zweifeln
Frage: Gab es ein Schlüsselerlebnis oder einen Schlüsselpunkt, an dem Sie entschieden haben, dass Sie ins Kloster gehen?
Bruder Thomas Schied: Bei mir war es kein einzelnes Erlebnis, sondern eine Entwicklung in meiner ganzen Lebensgeschichte. Dafür mitverantwortlich sind sicher ganz viele Begegnungen mit Menschen, die ihr Christsein leben. Das sind zum einen Ordensleute, zum anderen auch Christen in der Gemeinde. Ein Erlebnis, das für mich doch besondere Bedeutung hatte, war das Kennenlernen der Spiritualität des heiligen Franziskus in Assisi. Das hat mich tatsächlich sehr geprägt. Ich war damals 16. Das hat mich später auch auf dem Weg in den Orden begleitet.
Bruder Christian Albert: Ein bestimmtes Erlebnis gab es bei mir auch nicht. In meinen Beruf als Bankkaufmann habe ich überlegt, ob ich mein Leben so weitergehen und weiterleben will. Auf diesem Weg der Suche habe ich die Kapuziner kennen gelernt. Nach dem ersten Kontakt war fast ein Jahr Funkstille. Dann habe ich mich noch einmal gemeldet und gefragt, ob ich eine Woche mitleben darf.
Frage: Wie alt waren Sie bei Ihrem Ordenseintritt?
Bruder Thomas: Ich bin mit 33 in den Orden eingetreten. Ich bin jetzt 44, also schon eine ganze Zeit auf dem Weg. Diese Jahre der Ordensausbildung sind ganz unterschiedlich geprägt. Da geht es um das Hineinwachsen in die Gemeinschaft und in das geistliche Leben, aber auch um die Entscheidungsfindung. Und es geht um ganz konkrete Fortbildungen und Ausbildungen. Ich habe im Rahmen der Ausbildung Theologie studiert.
Bruder Christian: Ich war 22. Ich hatte meine Ausbildung gemacht und in meinem Beruf als Bankkaufmann gearbeitet. Der Ordenseintritt war zwar nicht das Allererste, was ich nach der Schulzeit gemacht habe, aber das kam recht früh.
Frage: Warum haben Sie sich gerade für den Kapuzinerorden entschieden?
Bruder Thomas: Zunächst hat die Frage, warum ich mich überhaupt für einen Orden entschieden habe, ganz viel mit einer inneren Sehnsucht zu tun. Mit einer Sehnsucht nach einem geistlichen Leben und einem Leben, wo es Raum gibt für Gebet und die Gottsuche. Das Besondere in franziskanischen Gemeinschaften und damit das Besondere bei den Kapuzinern ist, dass das geistliche Leben nicht abgeschlossen stattfindet, sondern dass wir dieses Leben teilen. Das tun wir innerhalb und außerhalb des Klosters mit vielen Menschen.
Bruder Christian: Mein erster Kontakt mit Ordensmännern war eigentlich mit den Dominikanern. Die haben mich fasziniert und begeistert. Dann bin ich aber über den "Treffpunkt Entscheidung" von der Berufungspastoral der Kapuziner in ein Kapuzinerkloster gekommen. Eigentlich war das gar nicht speziell für Kapuziner, sondern für alle Ordensinteressierten. Franziskus von Assisi kannte ich damals auch noch nicht wirklich, den habe ich über die Kapuziner entdeckt. Die Brüder im alltäglichen Leben und ihr Umgang miteinander haben letztendlich zu meiner Entscheidung geführt.
Hintergrund: Die Franziskaner
Im spalteten sich die Franziskaner in drei selbstständige Ordensgemeinschaften: Franziskaner (OFM), Konventualen oder Minoriten (OFMConv) und Kapuziner (OFMCap).Frage: Wird sich nach der Ewigen Profess in der Gemeinschaft viel für Sie verändern?
Bruder Thomas: Ja, auf jeden Fall. Nach der Ewigen Profess wird der Weg für mich weitergehen in Richtung des Priesteramtes. Im nächsten Monat werde ich zum Diakon geweiht. Danach steht eine Versetzung für mich an. Wir Kapuziner bleiben typischerweise nicht immer an einem Ort, sondern lassen uns dorthin senden, wo wir innerhalb der Gemeinschaft gebraucht werden. Ich werde nach München in einen Pfarrverband in der Isarvorstadt gehen. Natürlich muss ich mich da auch erst einmal eingewöhnen. Aber ich werde dort als Diakon arbeiten und später als Kaplan und Priester.
Bruder Christian: Eine andere Aufgabe bekomme ich nicht. Ich bleibe in meinem Konvent in Stühlingen und arbeite dort weiter als Koch. Formal ändert sich natürlich die Zugehörigkeit mit allen Rechten und Pflichten. Ich darf beim nächsten Kapitel mitwählen und Entscheidungen der Gemeinschaft mittreffen. Ansonsten vermute ich, dass sich gar nicht so viel ändert. Es ist für mich einfach ein Weitergehen auf dem Weg, den ich da begonnen habe. Es ist logisch diesen nächsten Schritt zu gehen.
Frage: Gab es in den Jahren, in denen Sie im Orden sind, auch Momente des Zweifelns?
Bruder Thomas: Ja, natürlich. Da gab es zum Beispiel zu Beginn diese Phase als das Idealbild mit der Realität in Berührung kam. Dann gab es Zeiten, in denen ich mich gefragt habe, ob ich das alles wirklich so möchte und kann. Also kann ich wirklich auf Lebenszeit Kapuziner bleiben? Doch alle Phasen haben damit geendet, dass ich mir sicher war zu bleiben.
Bruder Christan: Oh ja, das gab es! Ich war auch einmal kurz davor, den Orden zu verlassen. Da hatte ich eine Krise. Ich habe auch schon ganz gezielt nach einem Beruf gesucht. Ich wollte eigentlich raus, aber irgendetwas hat für mich nicht gestimmt, irgendetwas war da noch. Ich kann das gar nicht konkret festmachen. Ich habe mich dann entschieden, noch ein Jahr die Zeitliche Profess zu verlängern, um danach noch einmal genau zu prüfen, ob ich im Orden bleibe. Ich wollte nicht voreilig irgendeine Entscheidung treffen, die ich nicht mehr rückgängig machen kann und hinterher bereuen würde. Ich bin auch in einen anderen Konvent versetzt worden und dort hat Gott mich dann einfach noch einmal gepackt.
Frage: Wie verbringen Sie die Tage der Vorbereitung auf die Ewige Profess?
Bruder Thomas: Da sind viele organisatorische Dinge, wahrscheinlich ist es ähnlich wie bei einer Hochzeit. Trotzdem war für mich wichtig, dass ich vor diesem großen Ereignis noch einmal zur Ruhe und mit Gott ins Gespräch komme. Dazu habe ich mich im vergangenen Monat für vier Wochen in Schweigeexerzitien zurückgezogen. Für mich war das eine sehr intensive Zeit, um noch einmal zurückzublicken, aber auch nach vorne zu schauen.
Bruder Christian: Ich bin von meinen Konvent in Stühlingen, zu dem ich eigentlich gehöre, eine Woche vorher nach Münster gefahren. Hier möchte ich noch mehr zur Ruhe kommen und aus dem täglichen Umfeld mit den Aufgaben herauskommen. Außerdem steht auch noch Organisatorisches und letzte Besprechungen an.
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Frage: Die Ewige Profess wird live auf YouTube übertragen. Das ist ja schon eine außergewöhnliche Entscheidung. Wie fühlen Sie sich dabei?
Bruder Thomas: Da bleibe ich tatsächlich gelassen. Die Motivation dahinter war, zu zeigen, wie wir leben, es nicht nur für uns zu behalten. Wir wollen Menschen einladen, zu uns zu kommen - die Online-Übertragung kann eine moderne Form davon sein. Es ist zwar ungewöhnlich, aber es war eine gute Entscheidung.
Bruder Christian: Der Gottesdienst ist ja sowieso öffentlich, da darf jeder zu uns kommen. So haben einfach noch ein paar Menschen mehr die Möglichkeit, zuzuschauen. Ich hoffe, dass wir auch Menschen erreichen, die ebenfalls auf der Suche sind. Außerdem gibt es etwa Mitbrüder in Peru, mit denen ich ein Jahr gelebt habe, die meine Ewige Profess verfolgen können. Besonders aufgeregt bin ich nicht. Die Kamera ist auch nicht auffällig, sie wird wahrscheinlich niemand bemerken.