Heiße Eisen im Herzen der Politik
Allein der Tagungsort hatte es in sich: der Landtag in Düsseldorf, das Herz des politischen Geschehens in NRW. Wo sonst nur gewählte Volksvertreter und Regierungsmitglieder sitzen, durften diesmal auch Bischöfe oder Repräsentanten von Caritas und Diakonie Platz nehmen - Zeichen für die grundsätzliche Verbundenheit der Politik mit den Kirchen.
Das hielt Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) aber nicht davon ab, gleich zu Beginn das Problem zu umreißen. Immer lauter werde der Ruf nach strikterer Trennung von Staat und Religion. Viele Menschen betrachteten die Kirche leider nur noch unter finanziellen Gesichtspunkten. Dabei erbrächten sie doch wichtige Leistungen. Auch Kraft forderte, das Verhältnis zwischen Staat und Kirchen zu verbessern.
Missverständnisnisse beim Thema Geld
Diesem Ziel diente in Düsseldorf der Gedankenaustausch etwa zur Rolle der Kirche im Bildungswesen oder im Krankenhausbereich. Das größte Interesse richtete sich indes auf das Thema Geld und Kirche. NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) sieht hier vor allem Missverständnisse, die es aufzuklären gelte. Die Kirchensteuer etwa sei keine Leistung des Staates, betonte er. Der Staat übernehme nur den Einzug - in NRW gegen eine von den Kirchen zu zahlende Gebühr von rund 90 Millionen Euro jährlich.
Ein anderes, gerade nach dem Fall Limburg strittiges Thema: die sogenannten Staatsleistungen. Das sind Zahlungen des Staates an die Kirche etwa für die Bischofsgehälter, die aufgrund von Enteignungen in der Zeit Napoleons und davor geleistet werden. Sie umfassen laut Walter-Borjans für NRW rund 30 Millionen Euro pro Jahr. Die Kirche würde gerne eine einmalige Ablösung dieser alten Rechtstitel erwirken. Doch an das Thema will die Politik nicht ran, wie der Finanzminister einräumte. Denn dann kämen auf den Staat langwierige Verhandlungen und vielleicht hohe Kosten auf einen Schlag zu, was mit der angestrebten Schuldenbremse wenig kompatibel ist.
An vielen Stellen konnte das Symposium Konfliktthemen nur anreißen. Arbeitsminister Guntram Schneider (SPD) forderte mit großer Leidenschaft die Kirchen auf, in ihrem Arbeitsrecht Gewerkschaften zu akzeptieren. Das müsse nicht dem Tendenzschutz widersprechen. Auch den Dritten Weg der Kirche, der Streik und Aussperrung ausschließt und auf Findung eines Konsenses zwischen Dienstgeber und -nehmer setzt, stellte Schneider infrage. Dieses Verständnis von Dienstgemeinschaft stelle "für viele Beschäftigte eine Ideologie" dar. Demgegenüber betonten die Vertreter der Caritas, dass beide Seiten - Arbeitgeber und -nehmer - gute Erfahrungen mit der Art von Tarifvereinbarungen gemacht hätten und die Abschlüsse nicht schlechter seien.
Unterschiedliche Erwartungen
Unterschiedliche Erwartungen zwischen Staat und Kirchen im Detail bei Anerkennung des partnerschaftlichen Verhältnisses offenbarte auch die Pressekonferenz am Rande der Tagung. Die westfälische Präses Annette Kurschus beklagte, dass NRW den Denkmalschutz nur noch durch Darlehen fördere. Mit dem Erhalt von 6.000 Baudenkmälern seien die Kirchen überfordert.
Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck kam dazu, die Finanzierung der kirchlichen Kindertagesstätten anzusprechen. Die jährlichen Anpassungen von 1,5 Prozent reichten nicht aus, um Tariflohnsteigerungen auszugleichen. Effektiv belaufe sich der Trägeranteil der Kirchen bei den Betriebskosten auf 17 Prozent, fünf mehr als geplant. Wenn die Entwicklung in diese Richtung weitergehe, müssten die Kirchen Kitas schließen. Der Diskussionsstoff zwischen Politik und Kirche geht nicht aus. Ein weiteres Symposium dürfte bald folgen.
Von Andreas Otto (KNA)