Die römische Diözese ist unter den Bistümern einzigartig

Bistum Rom: Wo der Papst einen Stellvertreter braucht

Veröffentlicht am 25.02.2018 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 

Rom/Vatikan ‐ Wenn der Papst mal wieder römische Pfarreien besucht, hat das seinen Grund: Er ist nicht nur Chef der Weltkirche, sondern auch Ortsbischof. Und sein Bistum zeichnet sich durch zahlreiche Besonderheiten aus.

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Man vergisst es allzu leicht: Der Papst ist nicht nur das Oberhaupt der Weltkirche, er ist auch Bischof eines Bistums – der Diözese Rom. Der neu gewählte Papst Franziskus hat das betont, als er seine ersten Worte als Pontifex an die Menge auf dem Petersplatz richtete: "Die Diözesan-Gemeinschaft von Rom hat ihren Bischof: Danke! … Und jetzt beginnen wir diesen Weg, Bischof und Volk. Dieser Weg der Kirche Roms, der jener ist, der in der Barmherzigkeit allen Kirchen vorsteht." Die Sonderrolle der Diözese gegenüber allen anderen Bistümern klingt hier bereits an. Papst und zugleich Diözesanbischof: Das bringt auch eine Fülle an Aufgaben mit sich, die ein Mensch alleine nicht stemmen kann. In der Diözese Rom gibt es deshalb einen Stellvertreter für den Stellvertreter Christi – und eine Reihe weiterer Besonderheiten.

Die Kirche erkennt den heiligen Petrus als ersten Bischof von Rom und damit als ersten Papst an. Freilich existierten zur Zeit des Apostelfürsten noch keine diözesanen Strukturen, wie sie heute bestehen. Ein "Bistum" Rom und auch das Papstamt im heutigen Sinne gab es zu diesem frühen Zeitpunkt somit sicher noch nicht. Dennoch: Als Gründungszeit der Diözese Rom wird offiziell das erste Jahrhundert angegeben – und das wohl nicht ganz zu Unrecht. Schon sehr früh hat es in Rom Christen gegeben, wie etwa der Römerbrief im Neuen Testament belegt. Auch dafür, dass Petrus tatsächlich in der Hauptstadt des Römischen Reiches gewirkt hat und dort um das Jahr 67 gestorben ist, gibt es heute zahlreiche Hinweise – nicht zuletzt sein wahrscheinliches Grab unterhalb der Petersbasilika. Wenn also der Apostelfürst in Rom war, wird er – als Spitzenjünger Jesu – dort die Leitungsfunktion der kirchlichen Gemeinschaft ausgeübt haben.

Die ältesten Bistümer überhaupt

Abgeleitet von der Petrusnachfolge der römischen Bischöfe entwickelte sich im Laufe der Jahrhunderte eine Vorrangstellung des Bistums Roms gegenüber den übrigen Diözesen. Da das Gebiet der Ewigen Stadt mit der Zeit immer weiter anwuchs, ist die Fläche des Bistums heute mit 881 Quadratkilometern kleiner als die der Stadt Rom. Die Diözese besteht aus insgesamt 332 Pfarreien. Hinzu kommen die beiden Pfarreien des Bistums Ostia, die von Rom administrativ verwaltet werden. Das Bistum Rom ist in fünf Sektoren unterteilt, denen jeweils ein Weihbischof zugeteilt ist. Per se handelt es sich bei der Diözese um ein Erzbistum, sodass dem Papst auch das Amt des Metropoliten der römischen Kirchenprovinz zukommt. Zu dieser zählen 19 Suffraganbistümer, von denen die sieben sogenannten suburbikarischen Diözesen eine herausgehobene Stellung einnehmen.

Statue des Petrus in der Lateranbasilika in Rom.
Bild: ©katholisch.de

Statue des Petrus in der Lateranbasilika. Der Apostelfürst gilt als erster Bischof von Rom.

Als suburbikarisch werden jene Bistümer bezeichnet, die zu den ältesten Diözesen der Kirche überhaupt gehören und die sich alle im Umkreis von Rom befinden: Im Einzelnen handelt es sich um Ostia, Albano, Frascati, Palestrina, Porto-Santa Rufina, Sabina-Poggio Mirteto und Velletri-Segni. Den Bischöfen dieser Bistümer kam historisch die Sonderrolle zu, dem Papst bei der Leitung der Gesamtkirche zu assistieren. Daraus entwickelten sich die sogenannten Kardinalbischöfe, die die höchste von insgesamt drei Kardinalsklassen darstellen. Den obersten Rang unter ihnen bekleidet der Kardinalbischof von Ostia, der von Amts wegen Kardinaldekan und damit Vorsitzender des Kardinalskollegiums ist. Zurzeit nimmt diese Position Kardinal Angelo Sodano ein. Seit 1962 werden die suburbikarischen Bistümer von separaten Diözesanbischöfen geleitet; die Kardinalbischöfe üben seitdem – Titularbischöfen ähnlich – nur noch eine Schirmherrschaft über diese Bistümer aus.

Das Bistum Ostia erhielt keinen eigenen Bischof, sondern wurde unter die Verwaltung der Diözese Rom gestellt. Damit obliegt die Leitung prinzipiell dem Papst als römischem Bischof, faktisch jedoch seinem Stellvertreter: dem sogenannten Kardinalvikar. Derzeit ist das Erzbischof Angelo De Donatis. Die offizielle Amtsbezeichnung lautet "Generalvikar Seiner Heiligkeit für das Bistum Rom". Im Vergleich zu einem "gewöhnlichen" Generalvikar, der vornehmlich die allgemeinen Verwaltungsangelegenheiten einer Diözese verantwortet, gehen die Kompetenzen des Kardinalvikars weit darüber hinaus: Wegen der umfangreichen weltkirchlichen Aufgaben des Papstes übernimmt der Kardinalvikar stellvertretend einen Großteil seiner Aufgaben als Bischof von Rom; das umfasst neben Verwaltungsaufgaben auch die geistliche und pastorale Leitung der Diözese sowie die Ausübung der richterlichen Gewalt.

Alles abhängig vom Bischofstitel

Der Kardinalvikar residiert im Lateranpalast, dem alten Sitz der Päpste, und ist in der Regel Erzpriester der Bischofskirche von Rom: San Giovanni in Laterano. Wenn der Papst stirbt, bleibt der Kardinalvikar im Amt und leitet das Bistum Rom de facto als Diözesanadministrator weiter. Seine Zuständigkeit – und dies ist eine weitere Besonderheit der Diözese – endet jedoch an den Mauern der Vatikanstadt. Da das Bistum neben der Stadt Rom auch das Gebiet des kleinsten Staates der Welt umfasst, ist dort ein eigener "Generalvikar Seiner Heiligkeit für die Vatikanstadt" zuständig. Er ist für gewöhnlich Erzpriester der Petersbasilika. Seit 2005 wird das Amt von Kardinal Angelo Comastri bekleidet.

Im Jahr 2015 wurde Angelo De Donatis von Papst Franziskus in der Lateranbasilika zum Bischof geweiht.
Bild: ©picture alliance/Pacific Press Agency

Erzbischof Angelo De Donatis ist seit 2017 der "Generalvikar Seiner Heiligkeit für das Bistum Rom".

Sämtliche Titel und Vollmachten des Papstes leiten sich von seiner Stellung als "Bischof von Rom" ab, weshalb dieser Titel stets an erster Stelle genannt wird – etwa vor "Stellvertreter Christi" oder "Primas von Italien". Der letztgenannte Ehrentitel berechtigt den Papst dazu, den Vorsitzenden der Italienischen Bischofskonferenz zu ernennen. Anders als in nahezu allen anderen Bischofskonferenzen wählen in Italien also nicht die Bischöfe ihren Vorsitzenden. Bedenkt man, dass die päpstliche Vorrangstellung maßgeblich von seiner Funktion als römischer Bischof abhängt, mag es etwas verwundern, dass ausgerechnet die Ausübung dieses Amtes in großen Teilen an einen Stellvertreter delegiert ist. Dennoch hat Papst Franziskus sein Amt als Diözesanbischof von Rom nie aus den Augen verloren: Regelmäßig besucht er seit seinem Amtsantritt die römischen Pfarreien.

Von Tobias Glenz

Erstmals erschienen am 30. Mai 2017.