KAB: Mehrheit gegen verkaufsoffene Sonntage
Frage: Herr Niedergesäss, die KAB arbeitet in der "Allianz für den freien Sonntag" mit. Eine vom Handel und von der FDP getragene Gegenbewegung argumentiert mit sinkenden Erlösen der Innenstadtgeschäfte und will möglichst oft sonntags die Läden öffnen.
Niedergesäss: Von einer Freigabe würden nur die großen Konzerne profitieren, die schon jetzt im online-Handel aktiv sind. Familienbetriebe wären die Verlierer. Aber genau deren Geschäfte sind es doch, die die Innenstädte beleben. Insofern ist der behauptete Vorteil tatsächlich ein Nachteil.
Frage: Zutreffend ist jedoch, dass Innenstädte für Kunden immer unattraktiver werden.
Niedergesäss: Änderungen sind tatsächlich nötig. Die Antwort muss heißen: Innenstädte müssen durch mehr Service und bessere Beratung ihrer Kunden überzeugen. Das macht attraktiv. Und so lassen sich Kunden zurückgewinnen.
Linktipp: Verdopplung von verkaufsoffenen Sonntagen geplant
In Nordrhein-Westfalen hat sich die neue Landesregierung bei möglichen Sonntagsöffnungen geeinigt. Es werden mehr. Doch bestimmmte christliche Feiertage haben noch immer einen besonderen Stellenwert.Frage: Behauptet wird, immer mehr Menschen erledigten ihre Einkäufe sonntags online.
Niedergesäss: Das stimmt. Zugleich lehnt aber die große Mehrheit weitere Öffnungen an Sonn- und Feiertagen ab. Nach einer Umfrage aus Bayern sind 87 Prozent dagegen und nur 13 Prozent dafür. Auch bei einem Bürgerentscheid in Münster votierte die Mehrheit gegen die Ausweitung. Zudem: Wer sonntags online einkauft, erhält die Ware werktags.
Frage: Sie halten einen Wettbewerb unter den Bundesländern für möglich ...
Niedergesäss: ... denn die Unterschiede sind groß: Während in Baden-Württemberg, wo die strengste Regelung gilt, nur an drei Sonn- und Feiertagen anlassbezogen Öffnungen möglich sind, hat sich Berlin für zehn Ausnahmen entschieden. Schon heute arbeiten zwei Drittel der Angestellten im Handel samstags. Ginge die Entwicklung weiter, gäbe es bald überhaupt keine gemeinsame Freizeit mehr. Die Zeche solcher Mehrfachbelastung zahlen meist die Frauen. Wir argumentieren deshalb auch nicht vorrangig mit der Möglichkeit, sonntags zur Kirche gehen zu können. Es braucht für die gesamte Gesellschaft einen Tag der Entschleunigung, der frei ist von wirtschaftlichen Zwängen.
„Es braucht für die gesamte Gesellschaft einen Tag der Entschleunigung, der frei ist von wirtschaftlichen Zwängen.“
Frage: Auf dem Tisch liegt von Seiten des Handels die Idee für einen Runden Tisch. Würde die KAB daran teilnehmen?
Niedergesäss: Natürlich. Aber es darf nicht das Ziel der Veranstaltung sein, die Berliner Regelung zum bundesweiten Modellprojekt zu erklären. Die Gerichte haben eindeutig entschieden, Gewinninteressen der Unternehmen und Konsuminteressen der Bürger sind kein ausreichender Sachgrund für Sonntagsöffnungen.
Frage: Fühlt sich Ihr Verband im Engagement um den Sonntag von den Bischöfen genügend unterstützt?
Niedergesäss: Ideell ja, finanziell nein. Mittlerweile gibt es in rund zwei Drittel aller Bundesländer eine "Allianz für den freien Sonntag" und insgesamt etwa 100 regionale Allianzen. Da wären wir für mehr Mittel dankbar, um die Aktion fortzusetzen. Notwendig ist auch, dass die Pfarrer vor Ort, die bei der Entscheidung über lokale und regionale Sonntagsöffnungen vorab um ihre Einschätzung gebeten werden, von den Bistümern besser informiert werden. Es darf nicht sein, dass nur mit dem Schutz von Gottesdienstzeiten argumentiert wird.