"Eskalation von Hass und Rache"
Die friedenspolitische Kommission der Bischofsversammlung des Heiligen Landes verurteilt die starke Zunahme der Gewalt. Die Ermordung von drei israelischen Jugendlichen werde für eine "Kollektivbestrafung des palästinensischen Volks als Ganzes und seines legitimen Wunsches nach Freiheit" benutzt. Zugleich warf die Kommission palästinensischen Kräften vor, die hoffnungslose Lage für den Aufbau einer totalitären Gesellschaft auszubeuten.
Viele hochrangigen Politiker auf israelischer Seite seien nicht nur dialogunwillig, sondern gössen "Öl ins Feuer", so die Kirchenvertreter. Die israelische Führung heize die gewalttätige Stimmung in der eigenen Gesellschaft an, indem sie "exklusive Rechte einer Gruppe und die Besatzung mit allen ihren verheerenden Konsequenzen" verteidige. Die Bischöfe nannten den israelischen Siedlungsbau, Landenteignungen, die Trennung von Familien sowie die Inhaftierung und Tötung von Palästinensern als Beispiele. Auch eine einseitige Medienpräsenz israelischer Opfer werde als Mittel im Konflikt eingesetzt.
Obama und Steinmeier rufen zur Mäßigung auf
Auf palästinensischer Seite spielten Hoffnungslosigkeit und Rufe nach Rache jenen in die Hände, die eine Gesellschaft "ohne Raum für Unterschiede und Vielfalt" wollten, warnten die Bischöfe. "Gewalt als Antwort auf Gewalt erzeugt nur mehr Gewalt." Zugleich könne "Widerstand gegen die Besatzung nicht mit Terrorismus gleichgesetzt" werden. "Widerstand gegen Besatzung ist ein legitimes Recht, Terrorismus ist Teil des Problems", schrieben die Kirchenführer.
Die Situation in Gaza illustriere den "endlosen Kreislauf der Gewalt in Abwesenheit einer Vision für eine alternative Zukunft", so die Bischöfe. Diesen Zirkel zu durchbrechen, sei "die Pflicht aller, Unterdrücker und Unterdrückter, Opfer und Täter". Israelis wie Palästinenser müssten "jede Führung abschütteln, die vom Kreislauf der Gewalt profitiert".
Auch US-Präsident Obama hat die Konfliktparteien zur Mäßigung aufgerufen: "In diesem Moment der Gefahr müssen alle Beteiligten die Unschuldigen schützen, mit und Maß agieren, nicht mit Rache und Vergeltung", schreibt Obama in einem Beitrag für die Wochenzeitung "Zeit" am Donnerstag. Außenminister Steinmeier zeigte sich ebenfalls besorgt: "Der ungelöste Nahostkonflikt fordert weiter seine Opfer." Israel habe zwar das Recht, seine Bürger vor Raketenbeschuss zu schützen, aber: "Ich hoffe, dass auf allen Seiten die Einsicht herrscht, dass eine militärische Konfrontation vermieden werden muss, die völlig außer Kontrolle gerät", so der Außenminister.
Konflikt betrifft auch die Christen im Land
Der katholische Weihbischof von Jerusalem, William Schomali, befürchtet nun den Beginn einer dritten Intifada, wie er in einem Interview mit der Katholischen Nachrichten-Agentur erklärte. "Wir sind besorgt. Sowohl über die Lage zwischen Gaza und Süd-Israel als auch über die Situation in und um Jerusalem", sagte er. Er hoffe auf die Erinnerungen an die erste und zweite Intifada, also die palästinensischen Aufstände gegen Israel, die die Menschen davon abbringen könnten, die Gewalt fortzusetzen. Der Konflikt wirke sich auch auf die Christen vor Ort aus, erläuterte Schomali weiter. "Christen sind Teil des gesellschaftlichen Gefüges, sowohl auf israelischer wie auf palästinensischer Seite", so der Weihbischof.
Obwohl die Christen in Israel eine Minderheit darstellen, gibt es immer noch christliche Gemeinschaften und Orden. In Jerusalem befindet sich beispielsweise unter anderem die Dormitio-Abtei der Benediktiner. Die Lage sei ernst, wie die Gemeinschaft in einer Erklärung auf ihrer Facebookseite mitteilte. Grund zur Panik bestünde aber nicht, auch wenn "erhöhte Wachsamkeit angezeigt ist".
Die Eskalation erfolgt nur kurz nach dem Besuch von Papst Franziskus im Heiligen Land im Mai. Einen Zusammenhang zwischen dem Besuch und der derzeitigen Gewalt sieht Weihbischof Schomali aber nicht. "Die Eskalation hätte auch vor dem Papstbesuch passieren können oder auch ohne ihn", sagte er. Er setzt nun auf die Politik: "Wir wollen Frieden. Die Politiker sollten auf die Stimme des Volkes hören." (som/KNA/dpa)