Kardinalfehler
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Gestern endete unerwartet schnell die fünfjährige Amtszeit von Kardinal Gerhard Ludwig Müller. Der deutsche Theologe, den Papst Benedikt XVI. kurz vor seinem wohl schon angedachten Rücktritt noch in das Amt des Glaubenshüters gehievt hatte, war im römischen Umfeld eine Außenseiterfigur. Ohne kuriale Sozialisierung, brachte er einen ganz eigenen Stil mit, der in keine Schublade passte und immer wieder für Überraschungen gut war. Seine Ernennung war in reaktionären Kreisen kritisiert worden, weil man ihn dort vor allem als Gegner der Piusbrüder wahrgenommen hatte, zu denen er bis zuletzt eine kluge Distanz wahrte. Die Familiensynode 2015 verdankte ihr Ergebnis auch Kardinal Müller: Die wegweisenden Beiträge der deutschen Sprachgruppe entstanden unter seiner Gastfreundschaft – die Gruppe war ja für ihre Beratungen in die Glaubenskongregation ausgewandert – und, wie ausdrücklich betont wurde, mit seiner Zustimmung.
Daneben gab es aber immer wieder irrlichternde Äußerungen; seine Anhänglichkeit ans überzeitliche Papstamt schien manchmal in Konflikt mit der Loyalität zum konkreten Inhaber desselben zu geraten. Zuletzt konnte man das Ende Mai in einem ausführlichen Interview für einen amerikanischen Sender sehen. Der Kardinal ließ sich von einem aalglatten Moderator zu Äußerungen ermutigen, die – durch die unvertraute Fremdsprache eher vergröbert – in Santa Marta sicher nicht nur Freude gemacht haben.
Aber es gibt Ernsteres: Die Glaubenskongregation ist nicht nur für die Bewahrung der reinen Lehre zuständig. Sie ist auch ein Gerichtshof für Fälle sexuellen Missbrauchs. Hier geht vieles schief. Das vom Papst angekündigte Tribunal für Bischöfe wurde intern kassiert, bei der Bearbeitung der Fälle gibt es einen gewaltigen Stau und eingehende Opfer-Briefe wurden mit fadenscheinigen Begründungen gar nicht beantwortet. Gibt es in dieser vatikanischen Behörde, die auch den vor zwei Jahren sich publikumswirksam outenden Monsignore Charamsa hervorgebracht hat, vielleicht zu viel Verständnis für Täter und untätige Obere, und eher zu wenig Empathie mit Opfern?
Der Nachfolger ist ein geachteter Mann. Als bisheriger Stellvertreter Kardinal Müllers kennt er den Laden. Hoffentlich ist er Teil der Lösung, und nicht des Problems.