Schwester Veronica Krienen über das Sonntagsevangelium

Gott ist nicht knauserig

Veröffentlicht am 15.07.2017 um 17:45 Uhr – Lesedauer: 5 MINUTEN
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Bonn ‐ Bibeln gibt es an vielen Orten, wie etwa im Hotel. Die Frohe Botschaft wird so großzügig gestreut wie die Körner des Sämanns. Aber kommt sie an? Schwester Veronica Krienen legt das Sonntagsevangelium aus.

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Beim Lesen des heutigen Evangeliums entsteht das Bild eines Bauern, der mit großzügiger Geste aus voller Hand Körner in einem weiten Bogen aufs Land wirft. Genauso macht es Gott. Großzügig und reichlich gibt er sein Wort in die Welt.

Die Bibel ist ein Buch der Superlative. In allen Epochen und in allen Sprachen kommt es zu den Menschen. Die Bibel ist ein Longseller und Bestseller, am häufigsten übersetzt, am weitesten verbreitet und noch immer das meistverkaufte Buch der Welt mit 34 Millionen Bibeln z.B. im Jahr 2014. Und tatsächlich, die Bibel findet man überall. Sie lässt sich kostenlos im Internet bestellen und sie liegt in Hotelzimmern; ihre Worte begegnen auf Werbetafeln, auf T-Shirts und in Sprichworten… – und nicht zuletzt wird das Wort Gottes in zahlreichen Zusammenkünften von Menschen immer wieder vorgelesen.
Gott ist wohl alles andere als knauserig mit seinem Wort.

Wir hören das Wort Gottes Sonntag für Sonntag. Es wird verkündet, ob wir dösen und es versickern lassen, ob wir mit unseren Gedanken gerade ganz woanders sind, ob wir es schnell aufpicken, um es pastoral zu verwerten, oder ob wir zufällig mit aufgeschreckten Ohren die frohe Botschaft vom Reich Gottes so hören, dass sie wirklich  Chancen hat, von uns aufgenommen zu werden.
Gott ist wohl nicht wählerisch mit seinen Zuhörern.

Ein paar Dinge beeindrucken mich an diesem Gleichnis. Es kommt ohne Tadel und ohne Appelle aus, kein "du sollst…" oder "du müsstest doch eigentlich…" Aber die Wirklichkeit wird ungemein realistisch beschrieben – auch meine Wirklichkeit. Von stumpfen, verfetteten Herzen ist die Rede, von verstopften Ohren und zugekniffenen Augen, durch die das Wort Gottes vom Herzen ferngehalten wird. Jesus weiß um all das, er kennt den Menschen und er beschreibt ihn so, dass wir uns darin wiedererkennen können.
Gott ist sehr geduldig.

Jesus kennt aber auch unsere Möglichkeiten. Er weiß, immer wieder wird ein Mensch so vom Wort Gottes getroffen, dass sich sein Leben verändert. Immer wieder mal werden auch wir von einem Schriftwort erwischt, unsere Seelenbodenkruste wird weich und durchlässig, das Wort Gottes kommt zum Leben und wird fruchtbar.
Und davon erzählt Jesus auch: Gottes Wort kommt schließlich zum Ziel.

Von Sr. Veronica Krienen OSB

Evangelium nach Matthäus (Mt 13, 1-23)

An jenem Tag verließ Jesus das Haus und setzte sich an das Ufer des Sees. Da versammelte sich eine große Menschenmenge um ihn. Er stieg deshalb in ein Boot und setzte sich; die Leute aber standen am Ufer.

Und er sprach lange zu ihnen in Form von Gleichnissen. Er sagte: Ein Sämann ging aufs Feld, um zu säen. Als er säte, fiel ein Teil der Körner auf den Weg, und die Vögel kamen und fraßen sie. Ein anderer Teil fiel auf felsigen Boden, wo es nur wenig Erde gab, und ging sofort auf, weil das Erdreich nicht tief war; als aber die Sonne hochstieg, wurde die Saat versengt und verdorrte, weil sie keine Wurzeln hatte. Wieder ein anderer Teil fiel in die Dornen, und die Dornen wuchsen und erstickten die Saat. Ein anderer Teil schließlich fiel auf guten Boden und brachte Frucht, teils hundertfach, teils sechzigfach, teils dreißigfach.

Wer Ohren hat, der höre! Da kamen die Jünger zu ihm und sagten: Warum redest du ihnen in Gleichnissen? Er antwortete: Euch ist es gegeben, die Geheimnisse des Himmelreiches zu erkennen; ihnen aber ist es nicht gegeben. Denn wer hat, dem wird gegeben, und er wird im Überfluss haben; wer aber nicht hat, dem wird auch noch genommen, was er hat.

Deshalb rede ich zu ihnen in Gleichnissen, weil sie sehen und doch nicht sehen, weil sie hören und doch nicht hören und nichts verstehen. An ihnen erfüllt sich die Weissagung Jesajas: Hören sollt ihr, hören, aber nicht verstehen; sehen sollt ihr, sehen aber nicht erkennen.

Denn das Herz dieses Volkes ist hart geworden, und mit ihren Ohren hören sie nur schwer, und ihre Augen halten sie geschlossen, damit sie mit ihren Augen nicht sehen und mit ihren Ohren nicht hören, damit sie mit ihrem Herzen nicht zur Einsicht kommen, damit sie sich nicht bekehren und ich sie nicht heile.

Ihr aber seid selig, denn eure Augen sehen und eure Ohren hören. Amen, ich sage euch: Viele Propheten und Gerechte haben sich danach gesehnt zu sehen, was ihr seht, und haben es nicht gesehen, und zu hören, was ihr hört, und haben es nicht gehört.

Hört also, was das Gleichnis vom Sämann bedeutet. Immer wenn ein Mensch das Wort vom Reich hört und es nicht versteht, kommt der Böse und nimmt alles weg, was diesem Menschen ins Herz gesät wurde; hier ist der Samen auf den Weg gefallen. Auf felsigen Boden ist der Samen gefallen, der das Wort hört und sofort freudig aufnimmt, aber keine Wurzeln hat, sondern unbeständig ist; sobald er um des Wortes willen bedrängt oder verfolgt wird, kommt er zu Fall.

In die Dornen ist der Samen bei dem gefallen, der das Wort zwar hört, aber dann ersticken es die Sorgen dieser Welt und der trügerische Reichtum, und es bringt keine Frucht. Auf guten Boden ist der Samen bei dem gesät, der das Wort hört und es auch versteht; er bringt dann Frucht, hundertfach oder sechzigfach oder dreißigfach.

Die Autorin

Sr. Veronica Krienen OSB lebt als Benediktinerin in Köln. Die Psychologin arbeitet im Edith-Stein-Exerzitienhaus und in der Ausbildung des Ordensnachwuchses.

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