Konfessionsverbindender Staatsbesuch im Vatikan
Einer seiner ersten Antrittsbesuche im Ausland führt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nach Rom. Dort wird er am Montag zur Privataudienz von Papst Franziskus empfangen. Auch sein Vorgänger Joachim Gauck war bereits nach wenigen Monaten Gast im Vatikan, 2012 besuchte er Papst Benedikt XVI. Gauck hatte damals gesagt, er wolle zeigen, dass "der Bundespräsident zwar evangelisch ist, aber den Katholiken zugewandt". Auch Steinmeier ist Protestant und war ursprünglich sogar für ein evangelisches Spitzenamt vorgesehen: Eigentlich sollte er Präsident des Evangelischen Kirchentags 2019 in Dortmund werden, mit seiner Wahl zum Bundespräsidenten wurde das obsolet.
Nun trifft er das Oberhaupt der Katholiken. Für Steinmeier ist es die erste Begegnung mit Papst Franziskus, aber nicht das erste Zusammentreffen mit einem Papst: Als SPD-Fraktionsvorsitzender traf er mit Benedikt XVI. zusammen, als dieser während seines Deutschlandbesuchs 2011 eine Rede im Bundestag hielt.
Der Glaube bleibt nicht an der Garderobe
Der Besuch bei Papst Franziskus sei ihm sehr wichtig, heißt es aus dem Bundespräsidialamt. Es freue ihn, dass ein Treffen so früh zustande gekommen sei. Auch mit Blick auf die Ökumene sei die Begegnung bedeutend für ihn. Für Steinmeier hat sein Glaube nach eigenem Bekunden einen hohen Stellenwert. Er sei ihm "Kompass und Gerüst, gerade bei hohem Entscheidungsdruck", so bekannte er einmal. Und diesen Glauben gebe er auch nicht an der Garderobe ab, wenn er morgens ins Büro komme.
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Nach der Wahl Frank-Walter Steinmeiers zum neuen Bundespräsidenten dankte ihm Kardinal Reinhard Marx für seine Entschlossenheit. Und auch ZdK-Präsident Thomas Sternberg fand lobende Worte. (Artikel von Februar 2017)Steinmeiers Vater stammt aus dem evangelisch-reformiert geprägten Lippe in Ostwestfalen, seine Mutter aus dem evangelischen Teil Schlesiens. Wie sein Freund und Parteikollege, Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder, kommt Steinmeier aus einfachen Verhältnissen, aus einem Elternhaus "ohne Klavier und Bibliothek". Wie Schröder arbeitete er sich hoch, machte Abitur, studierte Jura in Gießen und wurde promoviert. Mit Blick auf die von ihm mitentworfene Agenda 2010 und die Hartz-IV-Gesetze mag das Thema seiner Doktorarbeit Kritiker dieser Sozialreformen verwundern: Steinmeier schrieb über Obdachlosigkeit und das Recht auf Wohnraum - ein Thema, das dem Papst sicher gefallen wird.
Steinmeiers Familie verbindet Konfessionen
Seine Frau Elke Büdenbender, die bis zum Amtsantritt ihres Mannes als Verwaltungsrichterin in Berlin arbeitete, begleitet ihn. Ihr ist es wohl auch zu verdanken, dass er keine Berührungsängste mit der katholischen Kirche hat: Sie ist katholisch. Ihre inzwischen 20-jährige Tochter ließen sie evangelisch taufen. Und das Paar betont, dass es die Ehe als konfessionsverbindend und nicht als konfessionsverschieden betrachtet.
Dazu passt ein Preis, mit dem Steinmeier Ende 2016 geehrt wurde: Als erster Politiker erhielt er den Ökumenischen Preis der Katholischen Akademie Bayern. In seiner Dankesrede würdigte er die Rolle der Kirchen als Vorreiter der Einheit Europas. Ihre friedliche Vielfalt könne beispielhaft sein. Dies, aber auch das Thema Flüchtlinge könnten eine Rolle bei der Unterredung zwischen Steinmeier und dem Papst sein, die für eine Stunde angesetzt ist und damit länger dauern würde als die halbstündige Begegnung zwischen Gauck und Papst Benedikt XVI. vor fünf Jahren. Anlässlich des Tags der deutschen Einheit hatte Steinmeier zu einer ehrlichen Debatte über Flüchtlinge und Migration aufgerufen.
Auf dem Programm des Bundespräsidenten stehen noch weitere Termine: Nach der Papstaudienz besucht er die 1968 in Rom gegründete katholische Bewegung Sant'Egidio, die sich der karitativen Arbeit, der Diplomatie in Bürgerkriegsgebieten und dem Dialog der Religionen widmet. Ihr Gründer, der italienische Historiker Andrea Riccardi, wurde 2009 für sein Friedensengagement mit dem Aachener Karlspreis ausgezeichnet.
Und auch ein "protestantischer" Termin steht auf dem Programm: Bereits am Sonntagabend hält der Bundespräsident direkt nach seiner Ankunft in der evangelischen Christuskirche in Rom einen Vortrag. Anlass ist das Reformationsgedenkjahr. Vielleicht wird er dort auf Papst Franziskus verweisen, der das Gotteshaus vor rund zwei Jahren besuchte und dort mit Blick auf die Ökumene "Mut machende Worte" - so der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche, Bischof Heinrich Bedford-Strohm, - sprach.