Joachim Valentin über den Verhaltenskodex der Uni Hamburg

Lehrstück für die deutsche Gesellschaft

Veröffentlicht am 24.10.2017 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Standpunkt

Bonn ‐ Joachim Valentin über den Verhaltenskodex der Uni Hamburg

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Die Universität Hamburg hat letzte Woche eine lange klaffende Lücke in ihrer Hausordnung geschlossen und ist damit hoffentlich zum Vorbild für viele andere Hochschulen geworden: In einem Verhaltenskodex regelt sie die Religionsausübung auf dem Campus.

Warum so etwas geschieht, kann man sich denken: Muslimische Studierende fragen drängend nach einem Gebetsraum und sogar nach einer Veränderung der Vorlesungszeiten gemäß muslimischer Norm, salafistische Prediger aber auch evangelikale Studentengruppen missionieren zunehmend aggressiv und machen vor den Toren der Universitäten nicht halt.

Das Papier ist vernünftig, denn es lehnt Religionsausübung auf dem Campus nicht pauschal ab, wie dies manche Universitätsleitungen in den letzten Jahren hilflos dekretiert haben, tritt sogar ausdrücklich gegen die Diskriminierung orthodox Gläubiger, also auch kopftuchtragender Muslimas auf, sieht Räume der Stille für Universitätsangehörige und die Beachtung religiöser Speisegesetze vor und erlaubt ganz im Sinne des Grundgesetzes das diskrete Zeigen von religiösen Symbolen.

Vernünftig ist das Papier vor allem, weil es durch klare Ausführungsbestimmungen schleichende und zermürbende Dauerkonflikte zwischen Universitätsleitung und Studierenden, aber auch zwischen verschiedenen Weltanschauungen beendet: Sowohl aggressiven Laizisten, die jede Art von Religionsausübung, auch die der christlichen Hochschulgemeinden, vom Campus verdammen wollen, wie auch radikal religiösen Missionierern wird das Handwerk gelegt. Dass auch die Vollverschleierung weitestgehend verboten wird, ist angesichts des dialogischen Charakters einer Universität nur konsequent. Dass vereinzelt an Universitäten die Identität vollverschleierter Studentinnen bei Klausuren nicht festgestellt werden konnte, ist ein Unding.

In mancherlei Hinsicht stellt diese Hamburger Maßnahme also ein Lehrstück für die gesamte deutsche Gesellschaft dar: Sowohl in ihrem für eine säkulare community wie der Universität bemerkenswerten Bekenntnis zur grundgesetzlich garantierten positiven Religionsfreiheit, wie auch in ihrer Eindämmung islamistischer Provokationen wie der im Koran nicht geforderten Vollverschleierung. Auch der aggressiven Missionierung und der Kontaktverweigerung mit Lehrpersonen des anderen Geschlechts wird eine klare Absage erteilt. Soviel Klarheit würde man sich auch in vielen Schulen, Kindertagesstätten und Gemeindeverwaltungen wünschen.

Von Joachim Valentin

Der Autor

Joachim Valentin ist Direktor des katholischen Kultur- und Begegnungszentrums "Haus am Dom" in Frankfurt am Main und Vorsitzender des Frankfurter Rates der Religionen.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.