Andrea Hoffmeier über die Gleichstellung von Frauen

Lippenbekenntnis zur Geschlechtergerechtigkeit

Veröffentlicht am 27.10.2017 um 00:01 Uhr – Lesedauer: 
Standpunkt

Bonn ‐ Andrea Hoffmeier über die Gleichstellung von Frauen

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In der Regel merke ich es nicht. Doch dann wird es mir wieder mit voller Wucht vor Augen geführt, sei es in einer Konferenz nur unter Männern oder wie diese Woche durch Zeitungsmeldungen: Von einer Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau sind wir noch weit entfernt. Das gilt auch für Deutschland und die "fortschrittlichen" westlichen Staaten. So lese ich vom Aktionsbündnis gegen Frauenhandel, das im Oktober getagt hat. Deutschland ist eines der Hauptabnahmeländer für Zwangsprostituierte in Europa. Der Weinstein-Skandal zeigt, dass viele Frauen in der Berufswelt nach wie vor sexueller Nötigung ausgesetzt sind. Im Zuge dessen beginnen nun auch Mitarbeiterinnen des EU-Parlamentes über das Thema zu reden. 33 Prozent der Frauen in Europa und 35 Prozent in Deutschland haben körperliche und/oder sexuelle Gewalt seit ihrem 15. Lebensjahr erfahren.

Aber auch weniger extreme Themen wie geringere Bezahlung, Besetzung von Führungspositionen, hohe Teilzeitarbeitsquote und daraus folgende Altersarmut resultieren aus einer nach wie vor tiefsitzenden diskriminierenden Haltung und dem Erhalt männlicher Machtstrukturen. Ob sie sich direkt oder nur verdeckt äußert, der Kern ist derselbe. Höre ich in Gesprächen zwar oft ein Bekenntnis zur Geschlechtergerechtigkeit, das im besten Falle auch so gemeint ist, folgt aber vielfach durch mangelnde Selbstreflexion keine entsprechende Umsetzung.

Die politischen Rahmenbedingungen und die gesellschaftliche Debatte sind leider nicht ausreichend, um echten Fortschritt zu erzielen. Ob dies in der nächsten Zeit besser wird, ist fraglich, denn im neu gewählten Bundestag sitzen nur noch 30 Prozent Frauen. Das wird Auswirkungen auf Frauenrechtsdiskurse haben. Noch kann die neue Bundesregierung etwas gegensteuern, indem Sie zum Beispiel ausreichend Ministerinnen ernennt. Die SPD geht bei der Neubesetzung ihrer Spitzenpositionen leider schon mal nicht mit gutem Beispiel voran. Als Christin und als EU-Bürgerin glaube ich an die gleiche Würde und die gleichen Rechte aller Menschen: Wann wird damit Ernst gemacht?

Von Andrea Hoffmeier

Die Autorin

Andrea Hoffmeier ist Bundesgeschäftsführerin der Katholischen Erwachsenenbildung Deutschland.

Hinweis

Der Standpunkt spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion von katholisch.de wider.